24.06.2018

12. Sonntag im Jahreskreis 1987

„Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten!“

In der Oase einer Wüste stand eine herrliche junge Palme.

Das erfüllte einen Bösewicht mit Neid und Missgunst. Er ging hin und legte mitten in die Krone des jungen Baumes einen schweren Stein. Da es der Palme nicht gelang, die Last abzuschütteln, senkte sie ihre Wurzeln tief hinein ins Erdreich, um unter dieser schweren Last nicht zusammenzubrechen. So hielt sie nicht nur allen Stürmen stand, sie wurde auch fähig, ihre Äste zum Licht des Himmels zu erheben.

Als nach vielen Jahren der Bösewicht wiederkam, um die Auswirkung seiner Niedertracht zu sehen, war er von der Pracht dieser Palme überrascht und beschämt, als er aus der Krone dieser Palme hörte: „Ich danke dir, deine Bosheit hat mir Segen gebracht.“

Wir kennen alle den Bösewicht, der mit Neid und Missgunst die Schönheit des Geschöpfes Mensch sah und einen schweren Stein in sein Herz legte.

Der Bösewicht ist der Teufel, der Mensch ist Adam, der Stein ist die Angst.

Da heißt es im 2. Kapitel der Genesis:

„Nachdem sie vom Baum der Erkenntnis gegessen hatten, gingen ihnen die Augen auf und sie erkannten, dass sie nackt waren und als sie Gott, den Herrn, im Garten gegen den Tagwind einherschreiten hörten, versteckten sich Adam und seine Frau vor Gott, dem Herrn, unter den Bäumen des Gartens und auf die Frage Gottes: „Wo bist du?“, antwortete Adam: „Ich habe dich im Garten kommen hören; da geriet ich in Angst und versteckte mich.“

Ja, wo der Mensch sich der Freude der Nähe Gottes beraubt, herrscht das dunkle Schicksal der Angst.

So sprechen wir von einer „Heidenangst“. Jener Angst, in die die Heiden sich ausgeliefert sahen, die unheilvollen Mächte der Geister. Und in diese Angst des heidnischen Altertums sind alle modernen Heiden hineingerissen, die Gott den Rücken kehren, denn „wo die Götter ihr vertreibt, da kommen die Gespenster“.

Doch auf den ersten Adam, der den Stein der Angst auf seinem Herzen lasten sah, kam der zweite Adam, Jesus Christus, der uns von dieser Angst freimachte, indem er uns die Freude der Geborgenheit gab. Wie Paulus in der heutigen Lesung schreibt: „Sind durch die Übertretung des einen, die vielen dem Tod anheim gefallen, so ist erst recht die Gnade Gottes, die durch die Gnadentat des einen Menschen Jesus Christus bewirkt worden ist, den vielen reichlich zuteil geworden.“

So ist uns im heutigen Evangelium eine herrliche Hilfe angeboten, gegen alle Angst und allen Zwang unserer Zeit, uns fest in der Geborgenheit Gottes zu verankern und voll Zuversicht unsere Augen zum Himmel zu erheben.

Von dort kommt uns die herrliche Verheißung:

„Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, die Seele aber nicht töten können, sondern fürchtet euch vor dem, der Seele und Leib ins Verderben der Hölle stürzen kann.“

Es geht aber nicht nur darum, dass wir uns der bergenden Liebe Gottes erfreuen dürfen, dass wir uns niemals fürchten müssen, denn es sind sogar die Haare auf dem Kopfe alle gezählt. Nein es geht vor allem darum, dass wir die Freude unseres Erlöstseins von jeder Angst auch in die Herzen der anderen tragen.

„Wovon das Herz voll ist, läuft der Mund über.“, sagt ein Sprichwort.

Ja, wenn unser Herz erfüllt ist von der beglückenden Botschaft der Geborgenheit in der Hand Gottes, dann darf unser Reden sich nicht erschöpfen in belanglosem Geschwätz um die oft so traurigen Ereignisse des Tages. Dann gilt es die Botschaft Gottes, die uns glücklich sein lässt, auch weiterzugeben, um so den Menschen aus seiner Angst um das Heute und Morgen zu lösen und ihn mit Mut und Vertrauen auf das Ewige zu erfüllen.

So heißt es im heutigen Evangelium:

„Wer sich vor den Menschen zu mir bekennt, zu dem werde auch ich mich vor meinem Vater im Himmel bekennen. Wer mich aber vor den Menschen verleugnet, den werde auch ich vor meinem Vater im Himmel verleugnen.“

Unsere Zeit verpflichtet einen jeden zur Evangelisation, nicht nur den Pfarrer in seiner Gemeinde, nicht nur die Eltern in ihrer Familie, nicht nur den Lehrer vor seinen Schülern. Nein, alle sind wir berufen, „Salz“ zu sein, das das Wort Gottes schmackhaft macht, „Licht“ zu sein, das einen Hoffnungsschimmer den Suchenden bringt.

Ja, das wäre der wahre Gottesdienst: das Wort Gottes, das wir als Gnadengabe empfangen haben, auch weiterzugeben.

Lasset uns beten:

„Jesus, denke in mir, bete in mir, liebe in mir, leide in mir; blicke aus mir, rede aus mir, handle aus mir, wirke aus mir! Strahle aus durch mich, ermutige durch mich, hilf durch mich, stärke durch mich!

Bediene dich meiner Hände, schreite mit meinen Füßen weiterhin über die Erde, um im Heiligen Geist sie heimzuholen zum Vater, auf dass alles in allem eins sei. Amen.“