18.02.2018

1. Fastensonntag 1987

„Dann wurde Jesus vom Geist in die Wüste geführt …“

Mit dem Aschenkreuz bezeichnet haben wir die Fastenzeit dieses Jahres begonnen. Über dem Torbogen, den wir am Aschermittwochmittwoch durchschritten, standen die Worte des hl. Paulus: „Jetzt ist die Zeit des Heiles, Jetzt sind, die Tage der Gnade.“

Fastenzeit — .Gnadenzeit!

So wollen wir uns der Gnaden würdig machen, die er in seiner Karwoche uns verdient hat, und wollen bereit sein nach seinem Beispiel die Schultern unter das uns bereitete Kreuz zu beugen.

Auch wir müssen unsere Ölbergsnächte durchleiden, — jene Nächte, in denen wir uns verlassen fühlen von dieser Welt, sodaß wir mit Jesu Ausschau halten nach einer Hilfe von oben, — und sie wird uns gewiss zuteil in dem Segenskelch, den der Engel uns reichen wird.

Auch wir müssen unseren Kreuzweg wandern, jenen Weg, auf dem wir immer wieder uns in den Staub der Erde gedrückt sehen, wie Jesus auf seinem Kreuzweg, — und wir dürfen vertrauen, dass auch uns ein helfender Arm und ein tröstlicher Blick unser Leid erleichtern wird.

Auch wir werden einmal unser Golgotha erleben, — jene Stunde, in der wir spüren, wie unsere Hände alles loslassen müssen, an dem wir doch so gehangen, doch wir können hoffen, dass ein kleiner Lichtstrahl des kommenden Lebens uns zuversichtlich sagen lässt: „Vater, in Deine Hände lege ich mein Leben zurück.“

Ja, nur wer sein Leid einbaut in den Opfergang Jesu, vermag es zu meistern, zu verklären, zu heiligen.

Das Evangelium des heutigen 1. Fastensonntags führt uns in die Wüste, den Ort der Einsamkeit, welche die furchtbarste Verlassenheit sein kann, aber auch eine fruchtbare Reifezeit.

Da Jesus immer aus dem Vertrauen seiner Geborgenheit am Herzen seines Vaters lebte, bedeutete ihm die Zeit des Wüstenaufenthaltes Vorbereitung und Einübung seines Opferganges durch diese Erdenzeit.

Da heißt es zu Beginn des heutigen Evangeliums: „Dann wurde Jesus vom Geist in die Wüste geführt. Dort sollte er vom Teufel in Versuchung geführt werden.“

Und in einem Drama von 3 Akten erleben wir den ergreifenden Waffengang zwischen Jesus und dem Teufel.

Jesus steht vor dem Teufel stellvertretend für einen jeden von uns, und lässt uns die Wundstellen unserer menschlichen Natur erkennen, an denen der Teufel seinen Hebel ansetzt, uns zu versuchen und zum Ungehorsam gegen Gott zu verleiten.

Da heißt es zum ersten:

„Da trat der Versucher an ihn heran und sagte: „Wenn du Gottes Sohn bist, so befiehl, dass aus diesen Steinen Brot wird.“ Das ist die Versuchung zu einem Leben, wie im Scharaffenland: Das war doch zu allen Zeiten der Schrei der Massen „panem et circenses“, „Brot und Spiele“, — so war es im alten Rom, so war es im 3, Reich, davon, träumen die Kinder, danach sehnen sich die Erwachsenen. „Ja, wessen Brot ich esse, dessen Lied ich singe.“ Wir können wohl nicht vergessen, dass uns einmal das Paradies zugedacht war.

Doch in der Schrift heißt es — das ist Jesu Antwort —: „Der Mensch lebt nicht nur vom Brot, sondern von jedem Wort, das aus Gottes Mund kommt.“

Da heißt es zum zweiten:

„Wenn du Gottes Sohn bist, dann stürze dich hinab von der Zinne des Tempels, denn es heißt in der Schrift: Seinen Engeln befiehlt er, dich auf den Händen zu tragen, damit dein Fuß nicht an einen Stein stößt.“

Das ist die Versuchung zum Größenwahn:

Ja, ist das nicht die Schwachstelle in uns, „mehr zu scheinen als zu sein“, — „immer zufrieden, wenn's Herz , sich: auch biegt“, — und „wie's drinnen aussieht, wen geht das was an?“ — „hinter Masken das innere Leben verbergen“, — „Kleider machen Leute“, — in die Traumwelt des Märchens flüchten“.— und all das tun nicht nur die Kinder.

Warum dieses Spiel? Gott schaut ins Herz und liebt den Demütigen. Darum Jesu Wort: „Du sollst den Herrn, deinen Gott nicht versuchen.“

Da heißt es zum dritten:

„Das alles will ich dir geben, wenn du dich vor mir niederwirfst und mich anbetest“.

Das ist die Versuchung zum Machtrausch:

Ja, wer erliegt nicht allzu leicht der Gefahr, die ihm verliehene Macht zu missbrauchen.

Diesen Missbrauch der Macht erzeigen nicht nur die Tyrannen, Despoten und Diktatoren, die ihre Völker unterjochen Solchen Missbrauch der Macht übt auch so mancher Vater, so mancher Sohn und so manche Tochter in der Familie aus. Solch einem Missbrauch der Macht sieht sich so mancher Lehrling in seiner Werkstatt, in seinem Büro ausgesetzt.

Vor Gott besteht nur der Demütige, — „die Mächtigen stürzt er vom Thron“... darum die Antwort Jesu an den Satan: „Vor dem Herrn, deinem Gott sollst du dich niederwerfen und ihm allein dienen.“

Die Fastenzeit ruft uns auf, die Antwort zu geben auf die Frage, ob wir unsere Seligkeit darin finden wollen, was der Satan uns zu geben verspricht, oder aber, ob wir im Verzicht auf die, Vergnügen dieser Zeit, in den Fußstapfen Jesu wandern, der ewigen Herrlichkeit entgegen.