02.09.2018

22. Sonntag im Jahreskreis 1987

„Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst.“ (Mt. 16, 21-29)

Es ist eine sehr harte Botschaft, die der Meister seinen Freunden im heutigen Evangelium sagen muss. Er müsse nach Jerusalem gehen und von den Ältesten, den Hohenpriestern und den Schriftgelehrten vieles erleiden. Er werde getötet werden.

Ja, das ganze Leben Jesu war ein Opfergang: Zwischen Krippe und Kreuz ein Leben, von dem er selbst, einmal sagte: „Die Vögel haben ihre Nester, die Füchse ihre Höhlen. Ich aber habe nichts, wohin ich mein Haupt hinlegen kann.“

Aber auf diesem Stück Lebensweg sah er sich doch immer wieder getragen von all dem dankbaren Jubel der Menschenmassen. Wie einsam und verlassen sah er sich aber doch auf seiner letzten Wegstrecke, da ihn im Garten von Gethsemane das Dunkel des Kreuzes überfiel, sodass er seinen Vater bat: „Wenn es möglich ist, lass den Kelch an mir vorübergehen.“ Aber sein Weg, der Weg des Messias, ist nun einmal der Weg in die Erniedrigung und den Tod. Und so beendet er seine Herzensklage mit den Worten: „Nicht mein, sondern dein Wille geschehe!“

Wie schwer mag es dem Herrn gewesen sein, seine Freunde einzuweihen in diesen Opfergang bis in den Tod am Kreuze. Aber nun war wohl die Zeit gekommen, seine Jünger von ihren falschen Erwartungen zu befreien und ihnen klar seinen Kreuzestod vorauszusagen. Und wie ein Blitzstrahl muss dieses Wort des Herrn sie getroffen haben, denn: „Da nahm ihn Petrus beiseite und machte ihm Vorwürfe. Er sagte, das soll Gott verhüten, Herr! Das darf nicht mit dir geschehen!“

Nicht nur dem Petrus und seinen Freunden kann der Gedanke des bitteren Todes unerträglich gewesen sein. Wer möchte schon mit dem Tod einen Freundschaftsbund schließen?

Doch Jesus muss dieses Unverständnis des Petrus zutiefst getroffen haben. Denn da heißt es: „Jesus aber wandte sich um und sagte zu Petrus: „Weg mit dir, Satan, geh mir aus den Augen! Du willst mich zu Fall bringen; denn du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern, was die Menschen wollen.“

Ja, ein Christ kann nicht leben nach den Spielregeln dieser Welt. Ein Christ kann sich nicht tummeln auf den Wegen dieser Zeit. Ein Christ muss den Mut haben, sich aus dieser Welt ausgesetzt zu sehen .

Ja, das sind schon harte Forderungen, die der Meister spricht:

„Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst!“ Verleugnung heißt nicht Verzicht auf seine Menschenwürde. Verleugnung heißt aber wohl, bereit zu sein, in den Fußspuren Christi zu wandeln, um so Gottes Willen zu erfüllen.

„Wer mein Jünger sein will, der nehme sein Kreuz auf sich!“ Einem jeden Erdenbürger ist sein Kreuz zugedacht. Wir müssen entscheiden, ob es uns zum Fluch wird, weil wir aufbegehren oder aber zum Segen, weil wir es mit Christus tragen.

„Wer sein Leben retten will, wird es verlieren, wer sein Leben aber um meinetwillen verliert, wird es gewinnen!“ Der Kirchenlehrer Origenes sagt: „Wenn Gott seinen innigst geliebten Sohn dahingab für das Leben der Welt, was tut da der Mensch Großes, wenn er sich selbst Gott anbietet, ihm, der sich als Erster seinem Vater angeboten hat?“

Ja, das sind schon furchtbar harte Worte, die wehe tun können.

Wenn wir diese Worte nur unserem Verstande sichtbar machen, müssen wir wohl bekennen, dass sie all den Gepflogenheiten und dem Strickmuster, nach dem wir unser Leben führen und gestalten, völlig unbegreiflich sind. Wenn wir aber diesen Worten unser Herz eröffnen, spüren wir sehr wohl, dass all das, was wir in unserem Leben um uns aufbauen, schließlich nur ein großer Müllhaufen ist, der unser inneres Leben erstickt, dass wir bei unserer Jagd, nach diesen Erdengütern unseren Erdentagen ein frühes Ende bereiten, dass wir auf der ständigen Flucht vor dem Tod, früher als gewollt in seine Fangarme geraten.

Und was nützte es schließlich, in den Augen der Menschen angesehen und geehrt zu sein, vor Gott aber kein Gefallen zu finden?

Lasst uns beten mit den Worten eines jungen Mädchens von heute:

„Heute weiß ich, dass uns das Leben durch Leid und Kreuz formen will, Chancen geben will, geläuterter und tiefer zu werden. Du musst uns hämmern, die Kanten und die Ecken den Stolz und den Willen abrunden. Du musst uns formen für ein neues Leben. Dazu musst du uns oft in die Knie zwingen. Aber die Last des Kreuzes wird den Schultern angepasst. Du warst fähig, Herr, immer wieder aufzustehen, und ich bin es auch. Aber ich bitte dich, hilf mir dabei!“