06.05.2018

6. Sonntag in der Osterzeit

„Ich werde den Vater bitten, und er wird euch einen anderen Beistand geben.“

Die Situation des heutigen Evangeliums erinnert uns an jene im Abendmahlssaal in Jerusalem. Es gilt Abschied nehmen, und Abschied nehmen tut weh. Darum sind leiderfüllt die Herzen des Meisters wie seiner Apostel.

Bei dem ersten Abschied im Abendmahlssaal erahnten sie noch nlcht die Trostlosigkeit und Verlassenheit eines Lebens ohne ihren Freund, und die stille Hoffnung auf ein Wiedersehen am dritten Tag milderte das Leid. In diesen Abschiedsworten des heutigen Evangeliums ist aber klar, dass der Herr diese Erde für immer verlassen wird.

So verstehen wir auch all die Fragen und Klagen der Apostel:

An wen sollen wir uns denn halten, wenn der einzige Halt nicht mehr gegeben ist? Zu wem sollen wir denn aufschauen, wenn er wieder daheim bei seinem Vater ist? Wem sollen wir denn unser Leid und unsere Sorgen klagen, wenn wir uns nur noch selbst überlassen sind?

Doch Jesus weiß um die Armseligkeit und Hilflosigkeit seiner Freunde und lässt sie auch hier nicht ohne Trost und verspricht: „Ich werde den Vater bitten, und er wird euch einen anderen Beistand geben, der für immer bei euch bleiben soll.“

Wir wollen uns heute fragen: Wer ist denn der „andere Beistand, der Geist der Wahrheit, den die Welt nicht empfangen kann“?

Der Hl. Geist ist betraut mlt der Aufgabe, dem Menschen zu sein: Ein gewaltiger Führer, ein treuer Begleiter, ein helfender Tröster und so an der Menschheit Gottes Liebeserweise zu vollbringen.

Der Hl. Geist ist den Menschen gegeben: Zu verwandeln den Unverstand in Wissen, das Leid in Hoffnung, den Zweifel in Sicherheit.

Der Hl. Geist verwandelt das Angesicht der Erde: Aus Wüsten werden herrliche Gärten, aus ausgedörrten Zisternen werden hoffnungspendende Brunnen, was dem Tode geweiht war, findet zu neuen Ufern, die Leben und Freude spenden.

So ist der Hl. Geist die Quelle, aus der die nie versiegende Liebe des Vaters strömt zum Heil der Welt.

Welch eine Hilfe, Stärkung und Ausdauer ist den Aposteln aus dieser Liebesquelle zugeflossen bei ihrem Kampf gegen die an den Satan verlorene Menschheit: Eben noch flüchteten sie vor den Massen der Juden und Heiden hinter verschlossene Türen, da sind sie mit der Herabkunft des Hl. Geistes auch gleich fähig, die Ängste abzuschütteln und die Frohbotschaft allen zu künden. Sie, die schlichten Fischer und Landleute von Galiläa lassen sich schleppen vor den Hohen Rat ihres Volkes, wie vor den Richterstuhl der gelehrten Heiden und treten mutvoll auf, denn sie wissen ja um den Beistand des Hl. Geistes, der ihnen sicher ist. Sie, die die Flucht ergriffen hatten am Ölberg aus Angst, mit dem Meister den Tod teilen zu müssen. Nun sind sie erfüllt vom Hl. Geist und können nur lächeln bei der Androhung von Kerker, Misshandlung und Tod. So erwuchs aus der Gnade des Hl. Geistes die junge Kirche, von der wir in der Apostelgeschichte lesen können: „Sie bildeten eine Gemeinschaft und hatten alles gemeinsam. Sie verkauften Hab und Gut und gaben d-von allen, jedem, so viel er nötig hatte.“

Aus diesem Liebesquell des Hl. Geistes schöpfte die Kirche zu allen Zeiten und sie tut es auch heute noch, denn sie weiß, dass der Hl. Geist auch ihr gegeben ist. Denn er bleibt bis an das Ende der Zeiten.

Des Hl. Geistes Aufgabe ist es, das Werk, das Jesus während seiner Erdenzeit begonnen, fortzusetzen bis an das Ende der Zeiten.

Hatte Jesus den Weg aufgewiesen, der als einzig wahrer Weg hinführt zum ewigen Leben. So ist es des Hl. Geistes Sorge, die dargebotene Hand des Menschen zu ergreifen und lhn auf diesen Weg zu führen. Hatte Jesus mit seinem Tod am Kreuz den Gnadenbrunnen der Kirche geschaffen, so ist es des Hl. Geistes Aufgabe, dieses göttliche Leben in den Sakramenten den Seelen der Menschen zuzuführen. Hatte Jesus das Licht der Herrlichkeit Gottes in der Nacht unseres Lebens aufleuchten lassen, so ist es der Hl. Geist der einen Strahl dieser Sonne auch in unseren Herzen entzündet.

So hat der Hl. Geist zu allen Zeiten seine Wunder gewirkt an den Menschen, die sich ihm eröffneten, an Männern und Frauen, an Priestern und Laien, an hochgeistigen Menschen wie an ganz schlichten Seelen.

Und auch unserer Zeit ist dieser Hl. Geist, so dunkel unsere Tage auch sein mögen, sehr nahe. Ergreifen wir doch seine Hand, damit er uns aus dem Labyrinth der heutigen Irrwege hinführe auf den einen rechten Weg, der zu einem glücklichen Ziel führt. Öffnen wir weit unsere Seele, damit er sie fülle mit dem göttlichen Leben, das dem Zugriff des Todes entzogen ist. Lassen wir uns gebrauchen und verbrauchen wie eine Kerze, damit er durch uns Licht werde unserer Zeit.