10.05.2018

Christi Himmelfahrt 1987

Wir feiern heute das Fest Christi Himmelfahrt.

Es führt uns hinauf auf den Ölberg, an die Grenzscheide von Diesseits und Jenseits, von Zeit und Ewigkeit, von Erwartung und Erfüllung. Auf diesem Ölberg steht der Meister, hält Rückschau und Ausschau. Rückschau auf all die Stätten, die er während seiner Erdentage durchwandert hat:

-   Bethlehem, das ihm die Türen und Herzen verschloss, und kein Gehör zeigte für sein Bitten: „Ich stehe vor deiner Tür und klopfe an, wenn du mir auftust, ich würde gern einkehren.“ Jedoch „er kam in sein Eigentum und die Seinen nahmen ihn nicht auf“. Und so nahm er Zuflucht in einem Stall.

-  Nazareth, das ihn von der Zinne hinunterstoßen wollte, als er in der Synagoge sich als der erwartete Messias bekannte.

-    Jerusalem, das Heiligtum seines Vaters auf dieser Erde, das ihm auf dem Golgothahügel den Kreuzestod zwischen zwei Verbrechern bereitete.

Müsste die Kirche nicht im Gedenken all der Bitterkeiten, die der Meister hier erleiden musste, diesen Tag als traurigen Gedenktag begehen, sich in dunkle Gewänder des Leides kleiden, wehmütige Lieder des Abschiedes singen?

Doch dieses Leid hat der Meister längst überwunden. Seit dem Auferstehungstage schreitet sein Leben voran im Sieg. Nun hält er auch Ausschau nach dem Himmel, in den er heimkehrt, um „zur Rechten des Vaters“ seinen Platz einzunehmen.

Ja, darum singt sie das Jubellied „qui victor in coelum redis“, „als Sieger kehrst du in den Himmel zurück“.

Und in diesen Sieg sind wir mit eingebunden, denn nun wissen wir ja, dass unser Leben nicht ein unvollendeter Torso bleibt, sondern seine Vollendung und Verherrlichung erfährt in den Händen Gottes.

Unser Leben ist schon durchlebt, unser Leid ist schon durchlitten, unser Sieg ist schon erkämpft, denn da, wo das Haupt ist, sind auch wir die Glieder.

„Mir ist alle Gewalt gegeben im Himmel und auf Erden. Darum geht zu allen Völkern und macht alle Menschen zu meinen Jüngern. Ich bleibe bei euch bis an das Ende der Zeiten.“

Im Vertrauen auf dieses Wort ist die kleine Schar der Apostel in eine götzenstarrende Welt hinausgezogen bis an die Grenzen der damaligen Welt.

Sie liehen ihrem Meister den Mund, damit er durch ihn den Samen ausstreute zu dem Gottesreich. Sie reichten ihm die Hand, damit er durch sie den Hunger und Durst nach dem wahren Leben stille, die Wunden der Seele heile, den Segen spende. Sie öffneten ihm ihr Herz, damit er in ihnen ein Licht entzünde, das die Finsternis vertreibe.

„Ich bleibe bei euch alle Tage bis an das Ende der Zeiten.“

Dieses Lied ist nie verstummt auf den Lippen der Gläubigen:

Es klang durch die unterirdischen Räume der Katakomben, es rauschte auf an den Gräbern der Märtyrer, es stieg auf aus den Herzen der sterbenden Blutzeugen. Selbst Ströme von Blut vermochten es nicht zu ersticken.

„Ich bleibe bei euch alle Tage bis an das Ende der Zeiten.“ Mögen noch so finstere Gewitterwolken über das Reich Gottes in unseren Tagen hinwegwehen, wir wissen und vertrauen, so wahr der Herr in den Himmel aufgefahren ist, so wahr wird er einst wiederkommen, um seine ganze Herrlichkeit im Gericht zu offenbaren.

Der Schlussstein unseres Glaubens ist nicht der Ölberg der Todesangst, sondern der Ölberg der Himmelfahrt.