02.04.2018

Ostermontag 1987

„Auf dem Weg nach Emmaus“ (1.Teil von Lk. 24, 11-35)

Ostern — das Hochfest des Lebens?

Und doch umsäumen Schmerz und Trauer, Tränen und Klagen den Ostertag früh und spät, am Anfang und am Ende.

Doch — wo am Ostertag Menschen traurig sind, wird ihre Trauer bald in Freude gewandelt, in die Freude erfüllter Hoffnung.

Durch ödes Ackerland und felsiges Gestein führt der Weg westwärts von Jerusalem nach dem Flecken Emmaus.

Zwei Männer pilgern über die Landstraße dahin.

Lukas nennt nicht ihre Namen, doch was tut's?

Wir könnten sie mit unseren Namen benennen, — denn ihnen ähnlich sind auch wir oft traurig unterwegs ohne ein rechtes Ziel.

Sie sind auf der Flucht aus Jerusalem, jener Stätte, in der sie im Mittelpunkt all der Geschehnisse um ihren Meister gestanden hatten, des Meisters, um dessentwillen sie Haus und Hof, Heimat und Arbeit aufgegeben hatten, um in seinem Reich, von dem er so viel gesprochen hatte, eine große Rolle spielen zu dürfen.

„Sie sprachen miteinander über all das, was sich ereignet hatte“, und das war furchtbar grauenvoll, denn am Ende des Weges stand nicht eines Königs geschmückter Thron, nein, da stand ein Kreuz, ein Thron, der seinen toten Leib trug.

Und dort auf dem Golgothahügel starb nicht nur ihr Freund, da starb auch ihr ganzes Vertrauen. Das Grab nahm nicht nur einen Toten auf, da hinein legten sie auch ihren Glauben. Die Zeit ließ nicht nur den Herrn sterben, das Todesdunkel verfinsterte auch ihre Liebe.

Ist dieses Leben der beiden Emmausjünger nicht unser aller Leben? Das Leben, das wir führen in dem steten Wechsel zwischen Erwartung und Enttäuschung, zwischen Freude und Tränen, zwischen Vertrauen und Zweifel, ja das ist das bruchstückhafte Leben dieser Erdentage!

Lasset uns beten: „Herr, unser Gott,

- wenn wir Angst haben, dann lass uns nicht verzweifeln!

- wenn wir enttäuscht sind, dann lass uns nicht bitter werden!

- wenn es mit unserem Verstehen und mit unseren Kräfte am Ende ist, dann lass uns nicht umkommen!

Nein, dann lass uns deine Nähe und deine Liebe spüren!

Herr, erwecke uns alle und halte uns alle wach in dieser Erkenntnis und zu diesem Bekenntnis.“

(Karl Barth)