01.04.2018

Ostern 1987

„Das ist der Tag, den der Herr gemacht, kommt lasst uns frohlocken und fröhlich sein!“, so jubelt die Kirche am heutigen Ostertag.

Ja, Ostern ist der Tag, den der Herr gemacht, denn seit diesem Tag heißt das letzte Wort in dieser Zeitlichkeit nicht mehr auswegloses Dunkel, sondern hoffnungsvolles Licht.

Wohl bleiben alle Dinge dieser Erde eingetaucht in das Dunkel des Leides, wir wissen aber, darüber breitet sich bereits ein Schimmer des Lichtes, heißt das letzte Wort nicht mehr blinder Haß, sondern verzeihende Liebesbereitschaft.

Mag dieser Haß uns noch manche Wunde schlagen, wir wissen, die Liebe des Auferstandenen wird sie alle heilen, heißt das letzte Wort nicht mehr Tod, sondern Leben.

Gewiss hält der unerbittlich Tod weiterhin seine grausame Ernte, wir wissen aber „Christus lebt, so werden auch wir leben“.

„Das ist der Tag, den der Herr gemacht, kommt lasst uns frohlocken und fröhlich sein. Welch langen Weg musste doch die Sonne des ersten Ostertages wandern, bis sie die Herzen der Apostel erreichte und die Nacht des Karfreitags vertrieb.

Mit dem Tod des Meisters war nichts mehr geblieben als unerfüllter Glaube, enttäuschte Hoffnung, zerbrochene Liebe. Hatten sie doch Haus und Hof und Familie verlassen, um an der Seite des Meisters „etwas vom Leben zu haben“, hatten sie sich doch erhofft, an der Ehre um Achtung ihres Meisters teilhaben zu können, hatten sie doch mit dem Gedanken gespielt, einst in seinem Reich, einen Ministersessel einzunehmen. Nun galt: Lasst alle Hoffnung fahren!

Da wanderte endlich am dritten Tag von Mund zu Mund die Botschaft:

- der Frauen, die in der Morgenfrühe den Meister salben wollen

- des Petrus und Johannes, die vor einem leeren Grabe stehen

- der beiden Jünger, die aus Jerusalem fliehen, um in Emmaus Zuflucht

zu suchen

Nun weiß man, der Herr lebt!

Das letzte Wort hatten also nicht die Pharisäer oder der Hohe Rat:

„Es ist besser, dass einer stirbt, als dass das ganze Volk zugrunde geht.“

Nein, es gilt Gottes Plan, „dass Er sitzet zur Rechten, um Gericht

zu halten über Lebende und Tote“.

Für diesen Auferstandenen Herrn und Meister treten sie mutig auf vor ihren einstigen Glaubensbrüdern in den Synagogen, lassen sich schleppen vor die Statthalter des römischen Reiches und lassen sich schlagen und auspeitschen, tragen sie die Botschaft bis an die Grenzen der Erde und nehmen all das Martyrium und den Tod auf sich.

„Das ist der Tag, den der Herr gemacht, kommt lasst uns frohlocken und fröhlich sein.“ Wir wollen uns fragen: Können wir frohlocken, können wir fröhlich sein an unserem heutigen Ostertag?

Ist nicht doch noch allzu viel Karfreitagsdunkel in uns, in dem wir nur bis an die Grenzen dieses Lebens zu schauen vermögen, sodass wir uns immer wieder von den Sorgen dieser Zeit gefangen nehmen lassen?

Ist das Leben vieler Christen unserer Tage nicht sehr ähnlich dem der Raupen, von denen eine Parabel erzählt:

Ein guter Mensch betrachtete Raupen, die nimmer müde den Stängel empor robbten, um an der Frucht den Hunger zu stillen. Sie hatten weder für den herrlichen Sonnenschein noch für die wunderbaren Blume einen Blick, es ging ihnen nur um das Fressen. Da sprach er zu ihnen: Müht euch doch nicht einzig und allein darum, euren Hunger zu stillen.

Es gibt, doch noch höhere und schönere Werte, die euch erwarten. Eines Tages werdet ihr das hässliche Kleid einer Raupe ablegen und nicht mehr allein ans Fressen denken müssen. Ihr werdet das herrliche Gewand eines Schmetterlings tragen mit Flügeln, herrlich, die euch über die prächtige Blumenwelt tragen werden, sodass ihr an den schönsten Kelchen euren Hunger und Durst stillen könnt. Nachdem die Raupen ein wenig zugehört hatten, sagten sie: „Hör auf mit deiner Predigt, du willst uns ja nur vorn Fressen abhalten.“

Ein bitteres Wort. Aber ist es nicht die Wahrheit? Fühlt sich nicht so mancher Christ unserer Tage im Kleid des alten Adam, in dem er sich so recht tummeln kann im Staub irdischer Lust, wohler, als im neuen Gewand Christi, das er in der Taufe bereits angezogen, um zu „suchen, was droben ist“? Und eben nur, wenn wir „suchen, was droben ist“, sind wir fähig,

- durch die Nächte unserer Tage zu wandern, weil wir wissen, dass die Endstation unserer Pilgerschaft nicht der Karfreitag ist, sondern der Ostertag, der kein Ende kennt

- die Last der Dornenkrone, die die Welt uns flicht, geduldig zu tragen, weil wir vertrauen, dass Christus uns der Glorienkrone einst würdig sein lässt

- lieber das Unrecht zu leiden, als zu tun, weil wir fühlen,

stark genug zu sein, statt dem Vergeltungstrieb zu unterliegen doch verzeihende Liebe zu erzeigen

Ja, stimmen wir ein in das Hohe Lied des Cyrill von Alexandrien:

„Wahr ist es: einmal reißt es uns alle hinauf, aus Zerfall in ewige Jugend aus Sterben ins Leben, aus Siechtum in sieghafte Kraft, aus Kleinheit in Glorie, aus engen Zeiten in ewige Weiten. So wird es sein, ja so, wenn wir ewig daheim sind bei Christus“.