22.07.2018
16. Sonntag im Jahreskreis 1987 - (Mt. 13, 24 - 30)
„Herr, hast du nicht guten Samen auf deinen Acker gesät? Woher kommt dann das Unkraut? So fragen nicht nur die Knechte ihren Gutsherrn im heutigen Evangelium. O nein, so fragt auch der Landwirt, der doch guten Samen auf seinen Acker sät und zur Zeit als die Saat aufging und die Ähren sich bildeten, feststellen muss, dass „auch „das Unkraut zum Vorschein“ kommt. So fragen die Eltern, die all ihren Kindern die gleiche Liebe und Sorge schenkten und feststellen müssen, dass ein Kind aus dieser Geborgenheit ausbricht und ein bitteres Ärgernis bereitet. So fragt auch die Kirche, die all ihren Kindern den gleichen Reichtum an Gnadenschätzen bietet, warum so viele sich ihrer Hand entreißen und glauben, auf dem Acker der Welt größere Lebenschancen zu finden.
Die Antwort auf diese Frage gibt uns Jesus selbst: „Das hat ein Feind von mir getan.“ Ja, von diesem Feind wissen wir, dass er umhergeht „wie ein brüllender Löwe, suchend was er verschlingen kann“.
Wo könnte wohl das Wirken des Feindes, des Teufels, sichtbarer auf- scheinen als auf dem Acker der Kirche, in den Christus den Weizen der Gnaden gesät hat? Ja, dieses Unkraut, das Ärgernis der Sünde, macht nicht halt vor der Kirche. O nein, solange sie durch diese Zeiten wandert, wird sie diesen Makel an sich tragen. So hat es auch klar Johannes gesagt: „Wenn wir sagen wollten, wir sind ohne Sünde, dann sind wir Lügner und die Wahrheit ist nicht in uns.“ Aber wer wollte den Wert eines Baumes beurteilen nach seinem Fallobst, wer den Geist einer Armee nach den Fahnenflüchtigen, wer die Würde einer Mutter nach den Runzeln, die Arbeit und Sorge ihr in das Gesicht gezeichnet haben,
Ja, wie auf dem Acker Weizen und Unkraut durcheinander stehen, so ist es auch in der Kirche Gottes. Neben den Heiligen stehen die Sünder, und die Heiligen sind nicht nur heilig, und die Bösen sind nicht nur böse.
Dennoch dürfen wir im Glaubensbekenntnis beten: „Ich glaube an die heilige Kirche“, denn Jesus ist der Sämann, der die Kirche auf den Acker dieser Welt gesät hat.
Christus ist das Haupt der Kirche, von dem herab wie aus einer Quelle die Gnadenwasser strömen, die jedes Glied seines Leibes - soweit es sich eröffnet - heilen und heiligen an Leib und Seele.
Christus ist der Steuermann, der seine Kirche - wie einst die Arche des Alten Bundes - über das Weltenmeer der Schuld und Sünde hinlenkt zum bergenden Hafen der Ewigkeit.
Christus ist der Kristallisationspunkt seiner Kirche. Wie ein Kristall von innen heraus wächst und seinen Glanz weitergibt an den äußersten Rand des Steines, so wächst auch die Kirche aus ihrem Mittelpunkt Christus.
Gewiss ist es überaus traurig, wenn wir die vielen, vielen vertrockneten Zweige am Baum der Kirche feststellen. Aber der Kern, das Mark dieses Baumes ist gesund. Es ist Christus, der alle Zweige wieder zum Grünen zu bringen vermag.
Was können wir -ein jeder von uns- tun, damit das Unkraut auf dem Acker des Gottesreiches nicht den guten Weizen überwuchert? So fragen wir mit den Knechten, des heutigen Evangeliums: „Sollen wir gehen und das Unkraut ausreißen?“ Und da heißt es: „Er entgegnete: Nein! Sonst reißt ihr zusammen mit dem Unkraut auch den Weizen aus. Lasst beides wachsen bis zur Ernte. Wenn die Zeit der Ernte da ist, werde ich den Arbeitern sagen: Sammelt zuerst das Unkraut und bindet es in Bündel, um es zu verbrennen; den Weizen aber bringt in meine Scheuer.“
Ja, die Kirche Gottes beherbergt Heilige wie Sünder. Und niemand von uns kennt genau die Trennungslinie zwischen beiden. Gott erfreut sich an den Guten und lässt sie auf dem Acker dieser Welt heranreifen zur letzten Vollkommenheit als Beispiel für die Bösen. Auch den Bösen lässt er Zeit, die lange Zeit des Lebens bis zum Tag der Ernte, dem großen Tag des Gerichtes. Dort, erst dort kommt die große Scheidung.
Beherzigen wir das Wort, das Paulus den Philippern sagte: „Ich vergesse, was hinter mir liegt und strecke mich nach dem aus, was vor mir ist. Das Ziel vor Augen, jage ich nach dem Siegespreis: der himmlischen Berufung, die Gott uns in Christus Jesus schenkt.“