12.08.2018

19. Sonntag im Jahreskreis 1987 - (Mt. 14, 22 - 33)

„Herr, befiehl, dass ich auf dem Wasser zu Dir komme!“

Unter recht vielen und unterschiedlichen Bildern versuchen die Evangelisten das Geheimnis der Kirche uns nahe zu bringen. Als „Stadt auf dem Berge“, zu der wir aus den Niederungen des harten Alltagsleben hinauf wandern, um dort alle Last des Lebens abwerfen und uns geborgen fühlen können. Als eine Herde, die sich umsorgt und gehütet weiß von einem guten Hirten, der sie auf eine reiche Nahrung spendende Weide führt. Als ein Fels, an dem alle Brandungen des Meeres zerschellen müssen.

Im heutigen Evangelium zeichnet Matthäus ein Bild von der Kirche, das die Apostel und besonders Petrus in den Mittelpunkt stellt. Da lesen wir:

„Nachdem Jesus die Menge gespeist hatte, forderte er die Jünger auf, ins Boot zu steigen uns an das andere Ufer vorauszufahren.“ Wieder einmal war er von den Menschenmassen so in Anspruch genommen worden, dass er die Einsamkeit und die Geborgenheit bei seinem Vater suchte. Und „spät am Abend war er immer noch allein auf dem Berg“.

Und während Jesus im Zwiegespräch mit seinem Vater den Frieden fand, sahen sich die Apostel mitten auf dem See in höchster Gefahr. Ihr Boot wurde von einem Sturm erfasst und auf den Kellen hin und hergeworfen, „noch viele Stadien vorn Land entfernt“. Alle Mühe, das rettende Ufer doch noch zu erlangen, ist vergebens. Über sich die dunkle Nacht, unter sich die Tiefe, die sie zu verschlingen droht und um sich das aufgepeitschte Meer. Da taucht vor ihnen noch wie ein Irrlicht eine weiße Gestalt auf und „sie erschraken, weil sie meinten, es sei ein Gespenst und sie schrieen vor Angst“.

Wer hat wohl noch niemals eine solche Schreckensszene erlebt, wo einem die Haare zu Berge zu stehen scheinen, wo man keinen Hilfeschrei über seine Lippen zu bringen vermag, wo der Herzschlag zu versagen scheint und die kalte Hand des Todes man zu spüren glaubt?

Doch da klingt plötzlich durch das Toben der Stürme eine Stimme, machtvoll und doch voller Güte: „Habt Vertrauen, ich bin es; fürchtet euch nicht!“ Einer weiß sofort, wessen Stimme es ist, die wie ein Licht das Dunkel erhellt. Es ist Petrus. Er ruft dem Meister zu: „Herr, wenn du es bist, so befiehl, dass ich auf dem Wasser zu dir komme.“ Und die Stimme antwortet: „Komm!“ Schon einmal hatte Simon dieses „Komm!“ gehört und hatte Familie und Arbeitsplatz und Heimat verlassen, ein gewagtes Unternehmen. Doch jetzt, dieses „Komm!“ fordert alles, die Hingabe seines Lebens. Und Petrus wagt es -in sich selbst vergessender Sehnsucht nach dem Meister- springt er aus dem Kahn und eilt Jesus entgegen und solange sein Vertrauen ihn trägt, hat er Boden unter seinen Füßen. Doch, als ihm bewusst wird, dass das Wasser keine Balken hat, „bekam er Angst und begann unterzugehen. Er schrie: „Herr, rette mich!“ Und Jesus streckte sofort die Hand aus, ergriff ihn und sagte zu ihm: „Du Kleingläubiger, warum hast du gezweifelt?“

2000 Jahre sind nun schon vergangen seit dieser Begebenheit: Der See Genezareth ist das unübersehbare Weltenmeer. Das Boot, in dem die Apostel diese furchtbare Angst durchlebten, gleitet heute als die Arche des Neuen Bundes, der Kirche, durch die Zeit. Oft gibt es Nächte, da die Sorge groß ist, den kommenden Tag nicht mehr zu erleben. Denn die Stürme des Unglaubens toben heran, und die Wogen der Unmoral drohen Unheil. Ja, oft sieht es aus, als wenn die Kirche ihren Todeskampf führen würde. Doch so oft sie tot gesagt wurde, erlebte sie eine herrlichere Auferstehung. So gilt auch heute noch, das Wort, das Jesus Petrus zurief: „Du Kleingläubiger, warum hast du gezweifelt?“

So handeln wir nach dem Wort von Pierre Teilhard de Chardin:

„Ich denke, dass uns, wie im Evangelium, die bewegten Worte tragen, soweit wir es wagen, auf ihnen zu wandeln. Wenn es nur in Richtung auf Gott hin und in der Liebe zu ihm geschieht. Gehen wir immer geradeaus, ohne zu zögern und Sie werden sehen, dass sich der Nebel, sei es auch Meter für Meter, zerteilt. Aber beten Sie selbstverständlich, dass Gott ihnen helfe.“