23.09.2018
25. Sonntag im Jahreskreis (A)
Wir leben in einer Leistungsgesellschaft, in einer Zeit, in der man den Wert des Menschen nach dem bemisst, was er zu leisten vermag. Doch kann Leistung wirklich den Wert und die Würde eines Menschen erzeigen?
Müssen wir dann nicht aus der Wertskala unseres Lebens streichen die Kinder, die noch nicht fähig und die Alten und Behinderten, die nicht mehr fähig sind, eine Leistung zu vollbringen?
Von der Leistung und dem Lohn dafür spricht das heutige Evangelium, das unserer Arbeitswelt entnommen ist.
Da stehen auf dem Marktplatz die Menschen und harren der Arbeit, die sie wenigstens einen Tag wieder satt machen soll. Und da kommt auch ihr Arbeitgeber, ein Weinbergsbesitzer, schon am frühen Morgen, noch bevor die Sonne aufgeht und ruft einige Männer in seinen Weinberg. Er vereinbart mit ihnen als Tagelohn für zwei Stunden einen Denar. Um neun Uhr kommt der Herr wieder, dingt weitere Arbeiter, und so geht es fort alle drei Stunden bis in den späten Abend hinein. Auch diesen, die um 17 Uhr die Arbeit beginnen, verspricht der Weinbergsbesitzer zu geben, was recht ist. Und als um 18 Uhr die Glocke den Feierabend einläutet, beginnt die Auszahlung, zunächst bei denen, die gerade eine Stunde gearbeitet haben, und sie erhalten zu ihrer Überraschung einen Denar, diesen einen Denar, der denen versprochen war, die 12 Stunden arbeiten mussten.
Man kann gut verstehen, dass diejenigen, die 12 Stunden sich gemüht hatten, erwarteten, dass sie weit mehr Lohn erhalten würden als den vereinbarten Denar. Doch nein, auch ihnen gab der Herr nur den einen versprochenen Denar. Wir können gut verstehen die Enttäuschung und Klage dieser Männer: „Diese Letzten haben nur eine Stunde gearbeitet, und du hast sie uns gleichgestellt, die wir den ganzen Tag über die Last der Arbeit und Hitze ertragen haben.“ Und die Antwort des Arbeitsgebers: „Mein Freund, dir geschieht kein Unrecht. Hast du nicht einen Denar mit mir vereinbart? Nimm dein Geld und geh! Ich will dem letzten ebenso viel geben wie dir. Darf ich nicht mit dem, was mir gehört, tun, was ich will? oder bist du neidisch, weil ich zu anderen gut bin?“
Ja, Gottes Gedanken sind nicht die Gedanken der Menschen. Er handelt nicht nach dem Gesetz menschlicher Gerechtigkeit. Sein Losungswort heißt: göttliche Barmherzigkeit. Und fußend auf dieser göttlichen Barmherzigkeit wissen wir: wir müssen nicht ein Übermaß von Leistungen auf die Schale unser Lebenswaage legen, um im Gericht einmal bestehen zu können. Wir dürfen vertrauen, dass Gott, der Weinbergsbesitzer, nicht nur in Gerechtigkeit, sondern mit barmherziger Liebe lohnt. Wir müssen nicht in ängstlicher Sorge unsere Arbeiten im Weinberg des Herrn verrichten ,ob es wohl auch reichen wird in der Stunde der Abrechnung. Wir dürfen vertrauen! Gott rechnet nicht nach. Er schenkt! Gott ist nicht an einen Tarif gebunden. Er liebt das Übermaß. Gott reicht nicht nur den kleinen Finger. Er bietet die ganze Hand. Wir müssen nicht sorgen, unser ewiges Heil aus eigenem Vermögen wirken zu müssen. Wir dürfen vertrauen, dass es „Gottes Wille ist, dass wir alle selig werden und in den Himmel kommen“, dass wir „alles vermögen in dem, der uns stärkt“, dass seine Gnade uns genügt.
Öffnen wir weit unsere Seele der Barmherzigkeit Gottes, der uns zu Arbeitern in seinem Weinberg beruft und beten wir:
„Herr, du willst, dass ich Licht bin, und es gibt in meinem Leben noch so viele Schatten. Du willst, dass ich für die anderen Salz bin, und so vieles in mir ist schal und fade. Herr, sei du mein Licht, damit ich dich ausstrahlen kann! Herr, sei du das Salz meines Lebens, damit im Blick auf mich viele an dir Geschmack finden!“