24.12.2017
3. Adventssonntag 1986
„Bist du, der da kommen soll, oder müssen wir auf einen anderen warten?“
Am Ostufer des Toten Meeres liegt auf steiniger Anhöhe das Gefängnis — Machärus.
Der beleidigte Herodes hat seinen größten Widersacher in Fesseln gelegt und in sicherem Gewahrsam — Johannes, den Täufer. Verstummt ist die Stimme des „Rufers in der Wüste, ... verlaufen haben sich die meisten seiner Schüler, ... sind nun Freunde geworden des Mannes, dessen „Schuhriemen aufzulösen“ er nicht würdig war.-
Ja, um Johannes ist es ganz, still geworden, so still, dass er ahnen muss, wie furchtbar sein Wort sich erfüllen wird ...“Er muss wachsen, ich muss abnehmen...“
Immer größer wird die Schar der einstigen Freunde des Johannes, die nun mit Ihm landauf, landab wandern, ... die ihm den Rücken gekehrt haben und im Dienste des anderen stehen, ... und unübersehbar werden die Massen von Menschen, die Ihm entgegenströmen, wo auch immer Er auftritt, ... nicht vergleichbar denen, die er einmal mit seiner Bußpredigt hatte an die Quellflüsse des Jordan berufen hatte.-
Ja, jener wächst, — und Er wird wachsen bis hinauf auf die Balken des Kreuzes, um alles an sich zu ziehen, was Ihn sucht.-
Und Johannes muss abnehmen, — abnehmen um die Länge seines Hauptes, . denn bald kommt der Tag, da der König seinen Geburtstag feiert, — da die Tochter der Konkubine Herodias tanzen wird, und als Preis dafür das Haupt des Johannes fordern wird, — und da der feige Herodes seinen Mordbefehl erlassen wird gegen den Mann, den er in seinem Herze: in gleicher 'Weise fürchtet wie achtet.-
Welch ein tragischer Held ist dieser Johannes, würdig des Denkmals, das ihm sein Meister errichtet... „amen', das sage ich euch; unter allen Menschen hat es keinen größeren gegeben als Johannes den Täufer...“.-
Da treten im heutigen Evangelium die wenigen dem Johannes noch verbliebenen Freunde an das Fenster seines Gefängnisses und erzählen, von dem Zulauf der Menschenmassen, wo auch immer Jesus sich aufhält, von dem Jubel, der ihm entgegenschlägt in seinen Wundern, ... aber auch davon, dass er kein Wort der Anerkennung hat für die Vorarbeit, die Johannes geleistet hat.
Wie mag diese Nachricht den Johannes getroffen haben in seiner Einsamkeit der Gefängniszelle, und so stellt er durch diese Freunde die Frage...“bist du der, der da kommen soll, oder müssen wir auf einen anderen warten...“?
Und die Antwort, die Jesus gibt?
„Geht und berichtet Johannes, was ihr hört und seht: Blinde sehen wieder und Lahme gehen; Aussätzige werden rein und Taube hören; Tote stehen auf, und den Armen wird das Evangelium verkündet. Selig ist, wer an mir keinen Anstoß nimmt.“
Johannes hat verstanden. Es ist erfüllt, was Isaias vorausgesagt, Nun kann er gern sein Haupt neigen unter das Beil, — denn das Werk, das er begonnen, wird jener vollenden.
Bringen auch wir das gleiche Verständnis der Antwort Jesu entgegen Das ist doch unsere allgemeine Glaubensbereitschaft.
Wir glauben, dass Jesus Blinde sehend, Lahme gehend, Aussätzige rein gemacht hat, … aber wo bleibt seine Hilfe heute, angesichts all der Opfer der Unfälle der Arbeit, des Verkehrs, des Sportes, -
wir glauben, dass Jesus den Hunger von Tausenden von Menschen gestillt hat,.. aber wo bleibt seine Hilfe angesichts der Millionen von Hungernden und Verhungernden unserer Zage, -
wir glauben, dass er Tote wieder in das Leben zurückgerufen hat, ... aber wo bleibt seine Hilfe angesichts der Leiden und Tränen all derer, denen der Tod ihr Liebstes nimmt?-
Nun es gilt das Wort „Gott gibt uns wohl die Nuß, aufknacken müssen wir sie schon selbst“.
Ja, Gott bleibt weiter nahe seiner Schöpfung, und wir dürfen uns geborgen wissen in seinen Händen, aber nichts geschieht ohne den Menschen zum Segen des Menschen,
das Leid ist uns gegeben als Sühne“ für unsere Schuld,
der Hunger nach dem täglichen Brot der Armen soll den Reichen verpflichten zu teilen,
der Tod soll unser Lehrmeister sein, dieses Leben als Sprungbrett zu sehen hin zur Ewigkeit.