18.03.2018
5. Fastensonntag 1987
„Ich bin die Auferstehung und das Leben“
Das heutige Evangelium führt Jesus nach Bethanien, in das Haus seines Freundes Lazarus.
Hier fand er immer Zuflucht, wenn er auf seinen Wanderwegen durch Palästina in das unfreundliche Judäa kam, hier wusste er sich herzlich aufgenommen, mit Zuneigung angehört und von Martha stets treu umsorgt, hier wusste er sich wie in seinem Elternhaus ein wenig geborgen.
Doch heute hatte der Tod diesem Haus ein bitteres Leid bereitet. Lazarus, sein Freund war gestorben. Und Martha führte laute Klage:
„Herr, wärest du dagewesen, dann wäre mein Bruder nicht gestorben!“
Ja, sie hatten nach dem Herrn geschickt, aber er hatte solange gezögert, bis er kam, und er sagte „Dein Bruder wird .auferstehen!“ Und er fährt fort: „Ich bin die Auferstehung und das Leben, wer an mich glaubt wird leben, auch wenn er stirbt, und jeder, der lebt und an mich glaubt, wird auf ewig nicht sterben.“
Welch eine herrliche Botschaft —- leben, ist das nicht unser aller Herzenswunsch!?
Doch da steht noch eine Frage, eine Frage, die an einen jeden von uns gerichtet ist und von einem jeden von uns beantwortet werden muss: „Glaubst du das?“
Das ist wohl die bitterste Not des Menschen unserer Zeit, zu glauben, mit dem Tode wäre alles beendet.
O nein! Der Tod steht mit seinem Januskopf an der Grenzscheide zwischen Diesseits und Jenseits, zwischen Zeit und Ewigkeit, zwischen gestern und morgen und er steht da, um unser Lehrmeister zu sein für die Zeit der Erdentage und der Pförtner des Tores zum ewigen Leben zu sein.
Als Lehrmeister ruft er in unser Leben hinein: „Verdrängt mich nicht aus euren Gedanken, sondern macht euch mit mir vertraut. Wohl bin ich der Vollstrecker der Strafgerichtsbarkeit Gottes, aber doch ein Engel. Das Lebensende darf nicht heißen Verzweiflung, sondern Vollendung.
Als Pförtner des Tores zum ewigen Leben will er auch vor uns hintreten, wie einst vor Maria.
Ihr brachte er die frohmachende Botschaft: „Du bist voll der Gnade, denn der Herr ist mit dir!“ Uns will unser Engel die Botschaft bringen: „Du hast dir müde gelaufen deine Füße, und so kann ich dir den Wanderstab aus den Händen nehmen und hingeleiten deine Seele in die ewige Heimat.
„Ich bin die Auferstehung und das Leben. Glaubst du das?“
Für den glaubenden Menschen ist der Tod nicht hoffnungsloses Ende, sondern zuversichtlicher Anfang.
Gewiss greift der Tod hart in unser Leben ein, durchschneidet brutal die Bande der Gemeinschaft, der Freundschaft, der Familie. Aber es erfüllt sich auch das Wort: „Ich verlange danach, aufgelöst und bei Christus zu sein.“ Im Tod erfahren wir eben nicht nur einen schmerzlichen Abschied, sondern auch eine beglückende Heimkehr.
Für den glaubenden Menschen sind Leben-Tod-Leben nicht drei leere Worte, sondern der Lebensweg des Menschen, denn „wir wissen, dass wir aus der Zeit durch das Tor des Todes in das Leben übergegangen sind“.
Der Fahrplan des Menschen heißt:
Geboren werden, heranwachsen, das Vollalter erreichen, alt werden.., neben vielem Dunkel auch manchen Sonnenschein des Glücks erschaut zu haben, neben vielem Versagen auch manches Gute getan zu haben, dem einen zur Freud, dem anderen zum Leid gewesen zu sein.
Der Fahrplan Gottes sieht anders aus:
Da leuchtet über dem Grab die Auferstehungssonne, und in ihrem Licht können wir hinfinden in das ewige Leben.
Für den glaubenden Menschen gibt es neben den vielen Straßen, die die Erde kreuzen, auch jene Straße, die von der Erde abkehrt zu dem Tor, das in ein Land führt, in dem Unfreiheit, Knechtschaft, Versklavung ein Ende finden, in dem die Macht des Menschen über den Menschen abgelöst wird von der erbarmenden Liebe Gottes, in dem „der Tod nicht mehr, sein wird, nicht Trauer, noch Klage, noch Mühsal.“
„Ich bin die Auferstehung und das Leben! Glaubst du das?“ Dieses Leben, von dem der Herr spricht, ist nicht erst jenes Leben jenseits der Erdentage. Nein, dort erst wird es offenbar. Verborgen aber lebt es in uns bereits seit dem Tage, da in der Taufe der dreifältige Gott Wohnung genommen hat, wie er es uns zugesagt hat: „Wir werden kommen und bei euch Wohnung nehmen, der Vater, der Sohn und der Hl. Geist.“
Dieses Leben ist in uns verborgen, wie die Wintersaat, die auch unter Schnee und Eis keimt und sprießt und uns hoffen lässt, im Herbst wieder Ernte halten zu können.
Dieses Leben ist der Reichtum, der uns auch mitten in der Armut treu auf dem Wege wandern lässt, auf dem der Meister uns vorausgegangen ist, um uns dort zu erwarten, wo er bereits eine Wohnung bereitet hat.
Herr, lass uns durch die hellen und dunklen Tage dieser Zeit hindurch voll Zuversicht wandern auf deinem Wege hin zu der kommenden Herrlichkeit.