04.02.2018

5. Sonntag 1987

Ihr seid das Licht der Welt — ihr seid das Salz der Erde

„Ihr seid das Licht der Welt, … ihr seid das Salz der Erde … „ ist nicht ein „du musst“, — ein moralischer Imperativ, — nicht ein Gebot Jesu an uns, — -+nein, Jesus will in diesen beiden Bildern die Würde unseres Christseins erhellen.

Licht und Salz erfüllen einen selbstlosen Dienst, — sie sind einfach da, um sich gebrauchen und verbrauchen zu lassen. Zum Wesen des Lichtes gehört es, die Dunkelheit zu erhellen und die Kälte zu erwärmen, — und das ist nur möglich, indem es sich vertropft und allmählich hinstirbt. Zum Wesen des Salzes gehört es, die Speise zu erhalten und einen guten Geschmack ihr zu geben, und das ist auch nur möglich, indem es sich auflöst und im anderen aufgeht.

„Ihr seid das Licht der Welt. …“

Das Erdenleben Jesu war wahrhaftig nicht umsäumt von Rosen, nein es war ein Weg vieler Dornen und Scherben. Krippenholz und Kreuzesholz sind Anfangs- und Endstation dieses Weges, und dazwischen die Strecke unter der Last des Kreuzes, der Kreuzweg. Und auf diesem Kreuzweg kann er sagen: „Ich bin das Licht der Welt, wer in diesem Lichte wandelt, findet durch alle Finsternisse hindurch zum Licht der ewigen Herrlichkeit.“

Ja, nur wer in diesem Licht wandelt, findet das Licht und die Kraft, auf seinem Kreuzweg nicht zu erliegen, kann in seinen Ölbergstunden sagen „Vater, wenn es möglich ist, gehe der Kelch an mir vorüber, aber nicht mein, sondern dein Wille geschehe“, — kann in seiner Karfreitagsstunde sagen: „Vater, in deine Hände lege ich meinen Geist.“ Sein Leben und Sterben wird dann sein ein tröstliches Licht für alle, die seinen Lebensweg begleiteten, ein Sternlein, das die Macht unseres modernen Heidentums erleuchtet.

Ja, das erwartet der Herr von uns: „So leuchte euer Licht vor den Menschen, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater preisen, der im Himmel ist.“

„Ihr seid das Salz der Erde…“

Mit seinem Ungehorsam am Baum des Paradieses hat Adam — als Präsentativpersönlichkeit der ganzen Menschheit — Sünde und Tod über all seine Nachkommen gebracht, mit seinem Gehorsam am Baum des Kreuzes hat Jesus — auch als Präsentativpersönlichkeit — das ganze Menschengeschlecht vor dem Fall in den ewigen Tod bewahrt, wie das Salz die Nahrung vor der Verderbnis.

Durch seine Auferstehung am Ostermorgen hat Christus uns ein neues Leben erworben, das Leben jenseits der Todeslinie, das Leben, das aber schon seine Kraft in unser zeitliches Dasein einfluten läßt, wie das Salz die Nahrung genießbar und schmackhaft macht.

So gilt uns das herrliche Wort: „Ich bin gekommen, dass sie das Leben haben, das Leben in Fülle“.

Unsere Aufgabe ist es, dieses göttliche Leben, das keimhaft in der Taufe unserer Seele eingepflanzt wurde, immer reicher, vollkommener werden zu lassen, damit uns am Ende unserer Pilgerschaft der Todesengel sagen kann: „Du bist voll des Gnadenlebens“, du darfst nun teilhaben am ewigen Leben Gottes. Nur in dieser Zuversicht vermögen wir die Bitternis unserer Pilgerschaft zu meistern.

Wie nötig hat gerade unsere Zeit Menschen, die „Licht der Welt“, „Salz der Erde“ zu sein bereit sind!

Woher sollte uns denn zu Hilfe kommen gegen die Seuche, die unser Volk zu vernichten droht, als durch Menschen, die ein Leben der Selbstbeherrschung und Keuschheit zu führen, sich verpflichtet wissen Gott, dem Nächsten und sich selbst gegenüber. Ja, „du musst ein Lichtlein tragen, es könnt dich jemand fragen nach Weg und Ziel und Rast, denn die kein Licht mehr hüten, die weit Verirrten, Müden, die tragen schwere Last.“

Alexander Solschenizyn hat eine Kurzgeschichte geschrieben: „Matryonas Hof“.

Matryona schlägt sich recht und schlecht durchs Leben, da ist nichts zu erben.

Ein kleiner sandiger Garten, in dem sie ihre Kartoffeln anbaut, eine Ziege, für die sie im Sommer das Heu zusammensucht, Beeren, die sie in den Wäldern. sammelt, das ist ihre Welt.

Und so endet die Geschichte:

„Unverstanden, allein gelassen sogar von ihrem Mann, hatte sie sechs Kinder begraben, eine lächerliche Person, die dumm genug war, für andere ohne Entgeld zu arbeiten.

Wir alle haben neben ihr gelebt und nicht begriffen, dass sie jene Gerechte war, ohne die, wie das Sprichwort sagt, kein Dorf bestehen kann, keine Stadt und nicht unser ganzes Land.“

Sind wir dankbar, dass es solche Matryonas bei uns gibt!