13.05.2018

7. Sonntag in der Osterzeit 1987

„Dies ist das wahre Leben, dass sie dich erkennen, den wahren Gott und Jesus Christus, den du gesandt hast.“

Unser aller Herz ist erfüllt von Sehnsucht nach Leben, nach einem Leben, das nicht bedroht ist von Leid und Tod. Doch, wo finden wir dieses Leben?

Die Antwort darauf gibt Jesus im heutigen Evangelium mit den Worten:

„Das ist das wahre Leben, dass sie dich erkennen, den wahren Gott und Jesus Christus, den du gesandt hast.“

Ja, wie leicht wäre das „wahre Leben“ zu finden, wenn man diesen Worten des Herrn geöffnet wäre. Doch wie viele Enttäuschungen muss uns dieses Erdenleben erst bereiten, damit unser Herz offen steht für Gott?

Fragen wir uns doch: Was gibt uns dieses Leben auf Erden?

Könnte man es nicht vergleichen

-   mit einem Apfel, an dem wir unseren Hunger und Durst stillen, bis in seiner Tiefe die Made uns allen Appetit verdirbt? Sollte uns eine solche Enttäuschung nicht denken lassen an die Nahrung, die vom Himmel kommt?

-   mit einem Kahn, der uns über dieses Weltenmeer zu tragen verspricht, bis man plötzlich undichte Stellen entdeckt und das Boot zu kentern droht? Sollte man dann nicht lieber dem Schiff der Kirche anvertrauen, das Jesus zum Steuermann hat?

-   mit einem Schachbrett, auf dem man sich nach eigenem Gutdünken bewegt, statt sich führen zu lassen von ihm, der die Schachzüge besser kennt? Sollte man nicht bedenken, dass den letzten Zug gewiss nur er macht?

Der Apostel Johannes warnt uns: „Liebt nicht die Welt. Wer die Welt liebt, hat die Liebe zum Vater nicht. Denn alles, was in der Welt ist, die Begierde des Fleisches, die Begierde der Augen und das Prahlen mit dem Besitz, ist nicht vom Vater, sondern von der Welt. Die Welt und ihre Begierde vergeht. Wer aber den Willen Gottes tut, bleibt in Ewigkeit.“

„Das ist das wahre Leben, dass sie dich erkennen, den wahren Gott und Jesus Christus, den du gesandt hast.“

Wir sind nun einmal nur Gast auf dieser Erde und durchwandern sie nur als Fremdlinge. Wer wollte dies leugnen? Aber wir wissen, dass dieser Wanderweg auf Erden ein Ziel hat. Und dieses Ziel ist das „wahre Leben“, wonach unser Herz schreit. Und die Brücke vom schwankenden

Diesseits in das bergende Jenseits hat Jesus Christus geschlagen mit seinem Opfertod am Kreuz. Auf dieser Brücke stehen wir seit dem Tag der Taufe. An uns liegt es, voranzuschreiten. Dieses Wandern auf dieser Brücke enthebt uns gewiss noch nicht dem Leid und Tod des zeitlichen Lebens. Aber wir durchschreiten es

-    mit dem Bewusstsein, dass es vor uns einer durchwandert hat, der uns seine Fußspuren hinterlassen hat.

-    mit der Gewissheit, dass uns eine Wohnung schon bereitet ist.

-   mit der Sicherheit, dass wir nicht von innerer Leere und äußerem Nichts bedroht sind, sondern begleitet von dem Hl. Geist.

„Das ist das wahre Leben, dass sie dich erkennen, den wahren Gott und Jesus Christus, den du gesandt hast.“

Wenn wir in diesem „wahren Leben“ die Erfüllung unseres Herzenswunsches sehen, dann sind wir nicht mehr nur

-  ein Zahnrad im Getriebe dieses hektischen Lebens, eines Tages ausgewechselt, fortgeworfen und lebensuntüchtig.

-    ein Steinchen in der Sandwüste unseres Lebens von irgendeinem Fuß in den Grund getreten.

-    Ein Tropfen im weiten Meer, vom Wind hin- und hergetragen.

Nein, seit dem Tod am Kreuze hat uns Christus seine Nähe offenbart, seit der Auferstehung seine Macht kundgetan. Und so tragen wir den Keim des „wahren Lebens“ bereits in uns, die Vorfreude des Lebens, ohne Leid und Tod, des Lebens ewige Herrlichkeit.