31.12.2017
Familiensonntag 1987
Dem Fest der Hl. Familie am letzten Sonntag des vergangenen Jahres lässt die Kirche bereits am 2.Sonntag dieses Jahreskreises den Familiensonntag folgen. — Endete das Jahr 1986 gleichsam mit einer Gewissenserforschung über die vergangenen 365 Tage, so sollen wir das Jahr 1987 mit guten Vorsätzen beginnen. — Es geht um die Familie, die kleinste Zelle des menschlichen Lebens, von der aber Segen oder Fluch für die ganze Menschheit ausgeht. — Und diese Familie steckt in unserer Zeit in einer großen Krise. In der Zeit von 1960 bis 1980 sind die Eheschließungen gesunken vom 521 Tausend auf 363 Tausend, — sind die Ehescheidungen gestiegen von 10 % auf 27 %, und sind wir zum kinderärmsten Land der Welt geworden, — Ja, welch ein trauriges Bild.
Wir wollen uns heute einmal fragen, wie es um Familien bestellt sein kann.
Die Familie eine „Oase des Friedens“:
Ich glaube, die gab es wirklich einmal in der „guten alten Zeit“. — in der Zeit, da allen Gliedern in der Familie alles gemeinsam war: die Eucharistiefeier am Beginn einer jeden Woche, in der man sich die Kraft erbetete, alle Schwierigkeiten der Woche gut meistern zu können, die drei Mahlzeiten — früh, mittags und abends — in einer Großfamilie um den großen Tisch in der Küche geschart, —
das Gespräch des Abends, wo man alle Bitterkeit des Tages von seiner Seele abladen konnte, um sie wieder auftanken zu können mit dem Verständnis und Trost der anderen.
Damals wusste sich noch ein jeder verantwortlich, ein Baustein zu sein zu einem Haus, in dem man sich auch daheim fühlen konnte, —
Die Familie ein „trauriger Kriegsschauplatz“:
Ja., in unseren Tagen gibt es schon viele Familien, in denen Vater und Mutter vergessen haben, dass sie einmal am Traualtar Treue gelobt haben zusammenzubleiben, bis „der Tod uns scheidet“, — und heute geht ein jeder seinen eigenen Weg auf der Suche nach einem Partner, der ihm ein Kurzweilvergnügen bietet. Müssten wir nicht heute, wenn nicht aus Treue, so doch aus Angst, einen solchen Seitensprung meiden, um nicht sich der Krankheit auszusetzen, die nach Meinung mancher Arzte furchtbarer ist als ein Krieg, — ich meine die Seuche Aids, —
Es gibt schon viele Familien,
in denen die Söhne und Tochter vergessen haben, dass sie ihren Eltern Ehrfurcht, Liebe und Gehorsam schulden, — doch Abende und Nächte in den Diskotheken verbringen und in dem Lärm sich wohler fühlen, als in der Geborgenheit daheim. —
Es gibt schon viele Familien,
in denen Vater, Mutter und Kinder nicht nebeneinander herleben, sondern sich gegeneinander auflehnen, wo man miteinander kaum noch spricht, ja, wo der kalte Krieg zur Hölle wird.
Die Familie als „einladende Herberge“:
Die Familie als „Oase des Friedens“ ist wohl nur ein Idyll, die Familie als „trauriger Kriegsschauplatz“ ist hoffentlich noch eine Seltenheit, — aber eine stets offene Herberge, das muss die Familie sein.
Für solch ein Familienleben gibt uns Paulus zwei Ratschläge: ertraget einander und liebet einander'!
'Ertraget einander“ ist mehr als der Slogan „seid nett zueinander“. Paulus erwartet mehr als ein Mitgefühl füreinander, er fordert, Verantwortung zu tragen für den anderen, — d.h. bereit zu sein, auch einmal die Schulter unter das des anderen zu beugen, wenn seine Knie weich werden und er nicht mehr fähig ist, bis zur 12. Station durchzuhalten. Wer da sagen wollte „bin ich denn der Hüter meines Bruders?“— denn wenn du nicht der Hüter deines Bruders bist, dann bist du ein Kain, — und der war der Mörder seines Bruders Abel.
„Liebet einander“ ist mehr als die Sympathie für einander. Paulus fordert ein offenes Herz füreinander. Darum gilt Gottes Wort: „verhärtet eure Herzen nicht!“
Wir sollten nicht eine Hornhaut über unser Herz spannen, um gegen alle Bitterkeiten und Beleidigungen uns zu schützen, — denn dann könnte es einmal sein, dass durch diese Abwehrmauer auch nicht mehr ein Wort, das um Verzeihung bittet, durchdringt, und wir allmählich am Herzen verbluten.
Die Familie eine Herberge für alle, die Zuflucht suchen, wie gut wäre solch ein Leben! Geben wir uns doch einander solch eine Zufluchtsstätte!
Wäre wohl der verlorene Sohn nochmals heimgekommen, wenn er nicht gewusst hätte, dass der Vater ihn doch erwartet, — hätte Clemens Brentano immer wieder zu seinem Gebet zurückgefunden, wenn er nicht immer zuvor Augen gehabt hätte, wie seine Mutter segnend von Bett zu Bett schritt in seinen Kindestagen?
So werden auch eure Kinder immer wieder heimfinden, wenn ihr, liebe Eltern, eure Familien macht zu einer Herberge der Liebe und des Gebets.