24.12.2017
Heilig Abend 1986
„Als die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn....“
„Der Kältetod der Gefühle“ ist nach dem Meinungsforscher Konrad Lorenz die Todesstunde unserer zivilisierten Welt. Ja, nicht das Unbehagen am Dasein, ... nicht die Sorge und Angst vor der Zukunft, ... nicht die Bitterkeit der Krankheit und der drohende Tod ... sind die Nöte unserer Zeit, sondern die Gleichgültigkeit, die Herzlosigkeit, die Teilnahmslosigkeit.
Die Menschen stehen weder zueinander in Freundschaft, ... noch gegeneinander in Feindschaft, ... sie leben fremd aneinander vorbei.
Um diese getrennte Menschheit wieder zu einer Gemeinschaft zusammenzuführen genügt nicht der Slogan ...“seid nett zueinander! „, -
nein, da bedarf es schon eines Eingreifens Gottes.
Und dieses Wunder geschah an der heiligen Weihnacht, denn „als die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn auf diese Welt...“, um uns in Ihm Heimat, Geborgenheit, ein Zuhause finden zu lassen, …
Gott kommt aus der Herrlichkeit des Himmels in die Niedrigkeit unserer Erde, — nicht um anzuklopfen an die Tore des Kaiserpalastes in Rom, nicht um zu pochen an die Pforten des Königs Herodes, ...
nein, er kam, ... um mit den Menschen zu hungern und zu frieren, ...
mit ihnen die Angst des Lebens und des Sterbens zu tragen, ...
mit ihnen sich unter die Last des Kreuzes zu beugen.
Sie waren auch die ersten, die von der Geburt Gottes auf Erden erfuhren, die Hirten, jene Menschen, die „Randgruppen der Gesellschaft“ waren, -denen jeder Anspruch auf Menschenwürde genommen war, — die kein Recht hatten, vor Gericht als Zeugen aufzutreten.
Ja, „das Niedrige und Verachtete in dieser Welt hat Gott erwählt, das was nichts ist, um das, was etwas ist, zu vernichten, damit kein Mensch sich rühmen kann vor Gott.“
Diese Hirten von Bethlehem sollen unsere Lehrmeister sein, ein gottwohlgefälliges »friedliches Weihnachten zu feiern.
Auf die Botschaft der Engel...“ihr werdet ein Kind finden, das, in Windeln gewickelt, in einer Krippe liegt“... antworten sie...“kommt, wir gehen nach Bethlehem, um das Ereignis zu sehen, das uns der Herr verkünden ließ... so eilten sie hin...“
Auf das Wort Gottes geben sie sofort Antwort und eilen in Verantwortung auf diesen Ruf hin. ,
Ja, Weihnachten kann nur der erleben, … der sofort aufbricht aus seiner Bequemlichkeit, seiner Sattheit, seiner Trägheit, ... der aus ganzem Herzen den Anruf bejaht, ... der sich zu trennen vermag aus allen Bindungen dieses Lebens....
Da heißt es weiter:
„Sie fanden Maria und Josef und das Kind, das in einer Krippe lag“. Ein armseligeres Zeichen konnte es wohl nicht mehr sein, … ein hilfloses Kind in einer Futterkrippe, — und doch ... die Hirten erkennen in diesem Kind ihren Gott, den Retter, den Messias. Ja der Weg von der Wohnung des Menschen hin zu der Wohnung Gottes ist garnicht weit … es ist der Weg zu einem hilflosen Kind in einer Futterkrippe….
Und dieses hilflose Kind ist der alte Mensch, der einsam mit dir im gleichen Hochhaus wohnt, … der jemand braucht, der ihm hilft, sein Kreuz mitzutragen, … der hungern, ja verhungern muss, wenn du nicht bereit bist, deinen Reichtum mit ihm zu teilen….
Und schließlich lesen wir:
„Als sie es sahen, erzählten sie, was ihnen über dieses Kind gesagt worden war... kehrten zurück, rühmten Gott und priesen ihn für das, was sie gehört und gesehen hatten.“
Der Anblick des Kindes lässt nicht nur Ihre Augen leuchten, ihr Herz füllt sich mit Jubel, — und „wovon das Herz voll ist, läuft der Mund über“, — und so werden sie zu den ersten Evangelisten der Menschwerdung Gottes in Jesus Christus....
Ja, Weihnachten ist nicht ein Fest der Gefühlsseligkeit, das unser Herz höher schlagen lässt und das Leid an diesem Tag wenigstens vergessen macht, …
Weihnachten ist der Tag der Geburt Gottes in unsere Erdenzeit, — die Geburt eines Gottes, … der eine klare Entscheidung für oder gegen sich fordert, ... der uns die Verpflichtung auferlegt, sein Leben zu dem unseren zu machen, auf einem Weg zu wandern, der Leid und Kreuz und Tod bejaht, ... der verlangt, Gottvertrauen, Freude und Friede hineinzutragen in diese Welt, um alle Gleichgültigkeit, Herzlosigkeit und Teilnahmslosigkeit aus den Menschenherzen hinwegzutauen — wie die Frühlingssonne den Schnee des Winters.
Würden wir das Beispiel der Hirten in unserer heiligen Weihnacht verwirklichen, dann wäre unser und aller Menschen Leben hoffnungsvoller, friedvoller, liebenswerter.
So wünsche ich euch am heutigen Festtag der Geburt Christi Gnade, Frieden, Segen und die Kraft, sein Licht allen aufleuchten zu lassen.