Tagesheiliger, Spruch des Tages






Das Leben Jesu
Betrachtungen 2018






31.12.2018

22. Das verborgene Leben in Nazareth
(Lk 2)

I Jesus übt die Tugenden des verborgenen Lebens
Dann zog Er mit ihnen hinab und kam nach Nazareth1 und war ihnen untertan. Seine Mutter bewahrte alle diese Dinge in ihrem Herzen.
Überschreite ehrfurchtsvoll die Schwelle des Hauses zu Nazareth, das der Sohn Gottes sich für die langen Jahre der Verborgenheit erwählt hat. Betrachte Ihn dort in seinem Leben und Wirken.
Jesus übt die Demut. Er gilt als der Sohn eines armen Handwerkers und schämt sich nicht seines niedrigen Standes. Er nennt Joseph seinen Vater, und dieser nennt Ihn seinen Sohn. Die Wohnung ist ärmlich, klein und unbequem, ohne äußeren Schmuck, ja in mancher Beziehung nicht einmal mit dem Notwendigen versehen. Aber dennoch hat die Gottesmutter alles mit größter Liebe und Sorgfalt eingerichtet. Wie sind seine Nahrung und seine Kleider beschaffen? Alles an Ihm und um Ihn verrät bescheidene Verhältnisse, der Gottessohn teilt das Los der Armen, der Verachteten.
Jesus übt den Gehorsam. Bedenke, wer gehorcht, wem Er gehorcht, worin und wie Er gehorcht. Gott gehorcht den Menschen, der Herr seinen Dienern. Er gehorcht, und siehe mit welchem Eifer Er sich unter das Joch des Gehorsams beugt! Es ist Ihm eine Freude, dem eigenen Willen zu entsagen und das eigene Urteil zu verleugnen. In der Übung des Gehorsams bringt Er dem himmlischen Vater das Opfer seiner selbst dar. Für Ihn ist der Gehorsam ein Brandopfer, durch das der Mensch sich gänzlich in den Flammen der Liebe seinem Schöpfer und Herrn durch die Hände seiner Stellvertreter darbringt. Wer den Gehorsam so auffaßt, dem ist alles leicht.
Jesus arbeitet. Begib dich in die Werkstätte des heiligen Joseph. Der Schöpfer Himmels und der Erde, der zu uns herniedergestiegen ist, erlernt von einem seiner Geschöpfe das bescheidene Handwerk des Zimmermanns. Im Schweiße seines Angesichts verdient Er seinen Lebensunterhalt. Von seinem Arbeitslohn leben sowohl Er als die Seinigen. Er, dessen Allmacht das Weltall trägt, dessen Weisheit alle Wesen regiert, will sein tägliches Brot durch harte Arbeit verdienen. Versenke dich in den Anblick dieser wunderbaren Tatsache. Küsse im Geist die Werkzeuge, mit denen der Gottessohn arbeitet. Suche die Schönheit solcher Erniedrigung zu erfassen. Lerne auch du es, in allem, auch in der täglichen Arbeit, Gott zu dienen aus Liebe und Gehorsam. Es kommt ja nicht so sehr darauf an, was wir tun, sondern wie wir es tun. Kannst du dich nun noch länger über die dreißig Jahre seines verborgenen Lebens wundern?
1 Unabhängig von dem Haus der Verkündigung bezeichnet die Tradition ein Haus, das Maria und Joseph bewohnten und in dem die Werkstätte des heiligen Joseph war. Hier lernte der Sohn Gottes von seinem Pflegevater das Handwerk eines Zimmermanns.



30.12.2018

21. Der Knabe Jesus bleibt im Tempel zurück
(Lk 2)

III Maria und Joseph finden das göttliche Kind im Tempel
Und es geschah, nach drei Tagen fanden sie Ihn im Tempel. Er saß mitten unter den Lehrern, hörte ihnen zu und stellte Fragen an sie. Alle, die Ihn hörten, staunten über sein Verständnis und seine Antworten.1
Maria und Joseph erreichen endlich den Tempel. Tritt mit ihnen ein und nahe dich dem Heiligtum, dort wirst du den Heiland finden. Da sitzt Er inmitten der Schriftgelehrten. Er spricht zu ihnen und erleuchtet sie mit göttlichem Licht. O meine Seele, während du um seinen Verlust weinst, gibt Er andern Seelen das Gute, dessen sie bedürfen. In den Stunden der Verlassenheit möge dich der Gedanke trösten, daß andere genießen, was du entbehren mußt.
Nimm herzlich Anteil an der Freude Mariens: «Kind, warum hast Du uns das getan? Siehe, dein Vater und ich haben dich mit Schmerzen gesucht», sagt Maria zu ihrem Sohn. Dieser antwortet: «Warum habt ihr Mich gesucht? Wußtet ihr nicht, daß Ich im Hause meines Vaters sein muß?» Auch Maria wollte das Geheimnis entschleiern, das dich so manches Mal bedrückt hat. «Warum hast Du so gehandelt, warum uns so geprüft?» Jesus entgegnet: «Weil es so dem Willen meines Vaters entsprach. Wenn es sich um die Ehre Gottes handelt, darf ich nicht zögern, mich auch von denen zu trennen, die ich am meisten liebe.»
Beherzige diese Lehre. Mag nun Jesus sich zeigen oder verbergen, sich entziehen oder sich wieder schenken, schweigen oder trösten, in allem leitet Ihn das Interesse und die Ehre des himmlischen Vaters. So ergib dich denn mit Vertrauen seiner Leitung. Tue noch mehr, ahme Ihn nach. Auch du bist geschaffen, um Gott zu ehren, darum mußt du handeln wie Jesus. Opfere Gott alles, was in dir und in deinen Werken seinem heiligsten Willen widerstrebt und dich hindert, seinen Absichten zu entsprechen.
1 Unter einer der Säulenhallen waren Räume eingerichtet, wo sich die Gesetzeslehrer versammelten und die Zweifel jener lösten, die sich mit Fragen an sie wandten. Wahrscheinlich fanden Maria und Joseph Jesus dort wieder.



29.12.2018

21. Der Knabe Jesus bleibt im Tempel zurück
(Lk 2)

II Die Eltern vermissen den Knaben
Nachdem die Tage vorüber waren, machten sie sich auf den Heimweg. Der Knabe Jesus aber blieb in Jerusalem zurück, ohne daß seine Eltern es merkten. In der Meinung, Er sei bei der Reisegesellschaft, gingen sie eine Tagereise weit.1
Betrachte das geheimnisvolle Verhalten deines Erlösers. Warum will Er dem Herzen seiner Mutter und seines Nährvaters diesen Schmerz bereiten? Frage Ihn selbst und bitte Ihn, dir mitzuteilen, weshalb Er es zuläßt, daß zuweilen die eifrigsten Seelen in die bitterste Trostlosigkeit versenkt werden. Warum entzieht Er sich plötzlich den Herzen, die Ihn allein lieben und lieben wollen?
Höre die Antwort Jesu! Diese Seelen sollen verstehen lernen, daß die Tröstungen der fühlbaren Gegenwart Gottes eine himmlische Gabe sind, die der Herr niemand schuldet. Die Entziehung des göttlichen Trostes soll die Seelen reinigen, belehren und vervollkommnen. Sie finden darin Gelegenheit, echte Beweise ihrer Treue und Liebe zu geben, und gewöhnen sich so daran, Gott mehr um seiner selbst als um seiner Gaben willen zu dienen. Diese Lehre erteilt uns Jesus durch seine heilige Mutter.
Nimm Anteil an der schmerzlichen Überraschung Mariens und Josephs. Die Abwesenheit Jesu ist die empfindlichste Prüfung für heilige Seelen. Mit dem Entzug seiner Gegenwart haben sie alles verloren. Nichts kann die Leere ausfüllen, die sein Verschwinden verursacht.
Was sollen sie tun, um Ihn wiederzufinden? Sie suchten Ihn bei Verwandten und Bekannten. Aber sie fanden Ihn nicht. Darum kehrten sie nach Jerusalem zurück und suchten Ihn. Lerne von Maria und Joseph, wie du Jesus suchen mußt, wenn du Ihn verloren hast. Sie machen sich auf und suchen Ihn ohne Rast, bis sie Ihn gefunden haben. Sie beten, fragen nach Ihm, halten überall Umschau und sparen keine Mühe. Sie befragen ihr Gewissen, ob sie nicht selbst schuld sind an diesem Verlust. Der geringsten Spur gehen sie nach, um Ihn zu finden, Den sie unter Tränen suchen.
Mache dir bewußt, welch ein Unglück es ist, sich von Jesus zu entfernen und Ihn zu verlieren. Wenn die Seele sich nicht um Gott kümmert, verliert sie bald durch den Fall in die Sünde seine Gnade, und das ist das größte Unglück. Bemühe dich durch eifrige Treue im Dienst Gottes, den Heiland im Herzen zu bewahren.
1 Die Pilger waren im Lager von Beeroth angekommen, dem Reiseziel des ersten Tages bei der Rückkehr nach Galiläa.



28.12.2018

21. Der Knabe Jesus bleibt im Tempel zurück
(Lk 2)

I Maria und Joseph reisen mit dem zwölfjährigen Jesus nach Jerusalem
Als Jesus zwölf Jahre alt war, gingen sie gemäß der Festsitte nach Jerusalem hinauf.1
Begleite die Heilige Familie auf dem Weg nach Jerusalem. Das göttliche Kind will dir eine wichtige Lehre zu deinem geistlichen Fortschritt geben. Jesus will dir durch sein Beispiel zeigen, daß man nicht Fleisch und Blut und seine natürlichen Neigungen zu Rate ziehen darf, wenn es sich um den Dienst Gottes, die Interessen der göttlichen Ehre und die Erfüllung des göttlichen Willens handelt. Geh mit kindlicher Gelehrigkeit in die Schule des Meisters!
Um die Vorschrift des Gesetzes vollkommen zu erfüllen, unternehmen Jesus, Maria und Joseph diese Reise. Die Feier der gesetzlichen Feste war ihnen teuer, sie lehren dich, wie man sich darauf vorbereiten und sie heilig begehen soll. Lausche ihrer Unterhaltung auf dem Weg und geselle dich ihren Reisegefährten zu. In dieser Gesellschaft kann nichts Weltliches die religiöse Stimmung stören.
Beobachte die heiligen Personen im Tempel während des Festes. Sie geben dir ein Beispiel, wie du dich am Fuß des Altares sammeln, wie du anbeten, zu Gott um Gnade flehen und dich selbst Ihm zum Opfer bringen sollst. Sieh hier, was die wahre Frömmigkeit Gott bereitwillig opfert und wie sie ihre Gabe darbringt.
1 Auf dem Weg über Samaria liegt Nazareth zweiunddreißig Stunden von Jerusalem. Im Süden des Tales von Esdrelon bieten die Quellen und schattigen Ebenen von Eugannim den Pilgern den Ruheplatz für den ersten Tag. Von dort überschreiten die Pilger die Hügel von Manasse und schlagen am zweiten Abend das Zelt bei Sichern auf. Die Haltestelle des dritten Tages ist Beeroth, von wo aus für den vierten Tag bloß drei Wegstunden bis Jerusalem zu machen bleiben.



27.12.2018

20. Die Rückkehr aus Ägypten
(Mt 2)

II Die Rückkehr nach Nazareth
Da stand er auf, nahm das Kind und seine Mutter und zog in das Land Israel.
Betrachte die Heilige Familie bei der Abreise aus Ägypten. Maria und Joseph sagen den neu erworbenen Freunden Lebewohl. Das göttliche Kind segnet durch Mariens Hände alle, die durch seine Gnade zum Glauben an den wahren Gott gekommen sind. Jesus verlässt jene nicht, von denen Er Abschied nimmt.
Folge der Heiligen Familie auf der Reise und teile mit ihr Freude und Leid. Jesus begibt sich nun in das Land, das Er um den Preis seines Blutes loskaufen wird. Die Schwierigkeiten fehlen weder auf dem Weg noch am Ziel der Reise. Aber Jesus überläßt sich ganz der göttlichen Vorsehung. Der himmlische Vater wird für alles sorgen. Wenn eine ungewisse Zukunft dich ängstigt, denk an das Beispiel Jesu, teile den Frieden seines Herzens.
Betrachte die Besorgnis des heiligen Joseph, die sich gerade in dem Augenblick seiner bemächtigt, wo er sich außer aller Bedrängnis glaubte. Als er vernahm, daß Archelaus1an Stelle seines Vaters Herodes regiere, fürchtete er sich, dorthin zu gehen. Auf eine Weisung hin, die er im Traum erhielt, zog er in die Landschaft Galiläa.
Herodes ist zwar tot, aber die Feinde Gottes sind nicht ausgestorben. Wie soll Joseph der Begegnung mit ihnen ausweichen? Wie Jesus und Maria in Sicherheit bringen, diese himmlischen Schätze, welche die ganze Hoffnung der sündigen Menschheit sind? Joseph bittet Gott um Erleuchtung. Bitte um die gleiche Gnade, denn Jesus hat sowohl in dir als in deiner Umgebung Feinde, die Ihm nach dem Leben trachten.
Und er ließ sich in einer Stadt mit Namen Nazareth nieder.2 Welche Anweisung erhält Joseph? An welchen Zufluchtsort soll er die Heilige Familie in Sicherheit bringen? In die Verborgenheit von Nazareth, in diese weltferne Einsamkeit, in ein Leben des Gehorsams, der Demut und der Arbeit unter den Augen Gottes. Erbitte dir beim heiligen Joseph die Erlaubnis, ihn dorthin zu begleiten und immer bei ihm mit Jesus und Maria zu verweilen.
1 Archelaus war ebenso grausam wie sein Vater Herodes. Gleich zu Beginn seiner Regierung ließ er mehrere tausend Untertanen im Tempel ermorden.
2 Joseph ließ sich in Nazareth, einem unbekannten Städtchen des jüdischen Galiläa, nieder. Es liegt auf den letzten Ausläufern eines hohen Bergrückens, und von den Höhen seiner Umgebung genießt man eine herrliche Aussicht. Die Bewohner Nazareths standen in schlechtem Ruf. Im Alten Testament wird die Stadt nirgends erwähnt.



26.12.2018

20. Die Rückkehr aus Ägypten
(Mt 2)

I Der Engel fordert Joseph zur Rückkehr auf
Als Herodes gestorben war, erschien dem Joseph in Ägypten ein Engel des Herrn im Traum und sprach: «Steh auf, nimm das Kind und seine Mutter und zieh in das Land Israel. Denn die dem Kinde nach dem Leben trachteten, sind gestorben.»1
Begrüße den Engel, der dem heiligen Joseph erscheint. Die Prüfung ist zu Ende, Herodes ist tot.
Erwäge, daß Gott kein Wunder wirkte, um die Rückkehr seines Sohnes zu beschleunigen. So handelt Er allzeit in der Regierung der Welt. Er läßt unter der Leitung seiner Vorsehung die Ereignisse sich entwickeln. Jenen, die von der Ungerechtigkeit der Welt bedrückt werden, empfiehlt Er, in Geduld und Ergebung, ohne Unruhe und Murren zu warten. Den Ausgang aller Dinge hat Er sich vorbehalten. Alle, die in Geduld ausharren, sammeln sich Schätze für die Ewigkeit und tragen bei zur Verherrlichung Gottes.
Was spricht der Engel zu Joseph? Mag es sich um die Reise in die Verbannung oder um die Rückkehr ins Vaterland handeln, die Sprache Gottes bleibt dieselbe. Sie zeugt von der gleichen Weisheit und Güte. Im Dienst Gottes ist vollkommene Ruhe und Sicherheit zu finden. Versuche die Freude des heiligen Joseph nachzufühlen, als ihm gesagt wurde: «Kehre in das Land Israel zurück». Es ist die Freude treuer Pflichterfüllung, belohnten Gottvertrauens, eine Freude, die aus dem Bewußtsein entspringt, an der Verherrlichung Gottes und am eigenen Heil mitgewirkt zu haben. Der heilige Joseph empfand auch Freude darüber, daß er das wiederfinden sollte, was er verlassen hatte, und daß nun die Leiden für seine Anvertrauten zu Ende gingen. Vereinige dich mit dem Glück des heiligen Joseph, als er mit der Mutter und ihrem göttlichen Kind in das heilige Land zurückkehren durfte.
1 Der Aufenthalt in Ägypten dauerte nach einigen drei, nach anderen sieben Jahre.



25.12.2018

19. Die Flucht nach Ägypten
(Mt 2)

III Der Aufenthalt in Ägypten
Dort blieb er bis zum Tode des Herodes.1 So sollte in Erfüllung gehen, was der Herr durch den Propheten gesprochen hatte: «Aus Ägypten habe ich meinen Sohn berufen.» 2
Betritt mit Maria und Joseph das bescheidene Haus, das sie während ihrer Verbannung bewohnen. Es entspricht ihrer Armut. Verehre liebevoll die Mauern, die Zeugen der Leiden des göttlichen Kindes sind. Hier wird dein Heiland um deines Heiles willen harte Entbehrungen ertragen. Er räumt dir gern einen Platz in dem Haus der leidenden Armut ein. Wohl gibt es in der Verbannung viele Demütigungen und beschwerliche Arbeiten. Aber sie hat auch ihre Freuden, du darfst an ihnen teilnehmen und ihre Süßigkeit verkosten. Bitte Maria und Joseph, dein Herz für die Gnaden vorzubereiten, die deiner harren.
Die wahren Freuden bestehen nicht in den Zerstreuungen, welche die Welt bietet. Um die Seinen zu erfreuen, braucht Gott ihnen die Prüfungen des Lebens nicht zu ersparen. Er tut Größeres: Er lehrt sie, diese Prüfungen zu lieben. Ihre Dauer erscheint ihnen kurz, und das Leiden verbannt die Freude nicht aus ihren Herzen. Verlange sehnlich, dies an dir selbst zu erfahren! Auch für dich soll gelten: Es kommt nicht so sehr darauf an, an welchem Ort und in welchen Bedingungen du leben mußt. Wenn du mit Jesus und seiner Gnade bist, wirst du immer glücklich sein.
1 Im Evangelium folgt hier die Erzählung vom bethlehemitischen Kindermord.
2 Nach einer zuverlässigen Überlieferung war es aus Heliopolis, dem heutigen Matarieh, zwei Stunden von Kairo entfernt. Dort befand sich eine jüdische Kolonie.



24.12.2018

19. Die Flucht nach Ägypten
(Mt 2)

II Maria und Joseph fliehen mit dem Kinde
Da stand er auf, nahm noch in der Nacht das Kind und seine Mutter und zog nach Ägypten.1
Betrachte, was der heilige Joseph in der eiligen Vorbereitung zur Abreise tut, was er denkt und zu Maria sagt. Maria und Joseph sind hier die ersten Vorbilder des evangelischen Gehorsams.
Wohin werden sie geschickt? Nach Ägypten, dem Land der Abgötterei. In diesem heidnischen Land herrschen Wollust, Stolz und Unwissenheit. Maria bringt ihren Sohn in ein Land, das in der Finsternis des Heidentums liegt, damit es zum Schauplatz göttlicher Wunderwerke werde.
O meine Seele, auch dir bringt Maria ihren göttlichen Sohn. Um dich zu finden, ist Jesus zum Flüchtling geworden. Er folgt dir in das Land der Verbannung, wo die Sünde dich gefesselt hält. Erhebe dich aus dem Staub, eile deinem Heiland entgegen, zerstöre die Götzenbilder in deinem Herzen und unterwirf dich Ihm ganz.
Was bietet Gott dem heiligen Joseph an, um ihm das Opfer zu versüßen? Der Engel hat ihm gesagt: «Nimm das Kind und seine Mutter!» Liegt in der Gesellschaft Jesu und Mariens nicht in Wahrheit alles, dessen er bedarf, um die schwierigsten Opfer zu bringen, die mannigfachen Entbehrungen der Armut mit Frohlocken zu ertragen und die Leiden einer langjährigen Verbannung zu erdulden? Der Ort, wo ich sicher bin, Jesus und Maria zu finden, ist kein Verbannungsort mehr, sondern die Heimat. Auch der heilige Joseph wird nichts von dem, was er in Nazareth verlässt, vermissen, da er Jesus und Maria mit sich nimmt. Strebe danach, dir die Gesinnungen des heiligen Joseph anzueignen. Begleite ihn auf der Flucht und bete Jesus auf seinen Armen an.
1 Von den Gebirgen Judäas aus genügen drei Tagereisen, um die Grenzen Ägyptens zu erreichen.



23.12.2018

19. Die Flucht nach Ägypten
(Mt 2)

I Ein Engel fordert Joseph auf, nach Ägypten zu fliehen
Siehe, da erschien dem Joseph im Traum ein Engel des Herrn und sprach: «Steh auf, nimm das Kind und seine Mutter und flieh nach Ägypten. Bleibe dort, bis ich dir Weisung gebe. Denn Herodes wird nach dem Kinde suchen, um es zu ermorden. »
Sammle dich und begib dich zum heiligen Joseph. Die Ereignisse, die du heute betrachtest, zeigen dir, daß Gott als unumschränkter Gebieter die Seelen leitet, die sich Ihm hingeben.
Ein Engel übermittelt dem heiligen Joseph einen Befehl, und zwar einen Verbannungsbefehl. Erwäge wohl, was das besagen will: Der himmlische Vater schickt seinen einzigen Sohn in die Verbannung! Mit einem Wort hätte der Allmächtige dessen Feinde vernichten können, und dennoch gibt Er seinem Sohn den Befehl zur Flucht.
Dieses Geheimnis enthält eine Lehre für dich. Der himmlische Vater will dir dadurch zeigen, daß du dich, ohne zu grübeln und ohne zu fragen, der Leitung seiner Vorsehung überlassen sollst.
Wie verhält sich der heilige Joseph? Er hört aufmerksam dem Engel zu, und sobald er begriffen hat, was Gott von ihm verlangt, gehorcht er ohne Zögern. Er ist der Vollstrecker der Befehle seines Herrn und will nichts anderes sein. Führe dir alle Gründe vor, die er hätte geltend machen können, um die Abänderung einer solchen Bestimmung oder wenigstens deren Aufschub zu erwirken. Joseph denkt nicht einmal daran. Die unendliche Weisheit Gottes tritt bei ihm an Stelle jeder persönlichen Erwägung. Er handelt, weil Gott es so will. Das Befehlen steht Gott zu, dem Menschen ziemt Unterwerfung. Der Knecht soll in Abhängigkeit von seinem Herrn leben. Solche Gedanken sind dem heiligen Joseph geläufig. Solche Überzeugungen bilden die Richtschnur seines Lebens.
Betrachte auch, wie die liebende Vorsehung des ewigen Vaters den Gefahren zuvorkommt, welche seinen vielgeliebten Sohn bedrohen. Bevor Herodes seine ruchlose Tat befiehlt, sendet Gott einen Engel, der die Seinen auf die Gefahr aufmerksam macht.
Erwarte aber von Gott nicht gleich ein Wunder, um dich aus einer Gefahr zu retten. Wie der heilige Joseph und die allerseligste Jungfrau sollst auch du die zur Verfügung stehenden Mittel anwenden und das tun, was dir möglich ist, um dich zu retten.



22.12.2018

18. Die Weissagung Simeons
(Lk 2)

II Die Prophetin Anna kommt in den Tempel und frohlockt beim Anblick des Erlösers
Da war auch eine Prophetin, Anna, eine Tochter Phanuels aus dem Stamme Aser. Auch sie fand sich zur gleichen Stunde ein, pries Gott und redete von Ihm zu allen, die auf die Erlösung Jerusalems harrten.
Siehe, mit welcher Eile die Prophetin Anna herbeikommt! Gleich Simeon hat sie durch ein heiliges Leben verdient, nicht eher zu sterben, bis sie den Erlöser der Welt gesehen hat. Der Heilige Geist regt sie an, zum Tempel zu gehen, und ohne Zögern folgt sie seiner Einsprechung.
Genieße mit dieser heiligen Greisin die Freuden des Zusammentreffens mit dem Herrn. Nur mit einem reinen Herzen verbindet sich das reinste Herz Jesu. Gott offenbart sich den reinen Seelen. Durch himmlische Erleuchtungen entschädigt Er sie für ihren Verzicht auf irdische Genüsse. Diese Begegnung mit Jesus gibt der heiligen Prophetin Anna einen Vorgeschmack des Himmels. Auch ihr Herz stimmt in dankbarer Freude sein «Nunc dimittis — Nun entläßt Du, Herr, deinen Diener» an. Das göttliche Kind ist auch für sie eine heilige Wegzehr, die sie aus den Händen Mariens empfängt. Von nun an lebt sie in vollkommener Zuversicht. Höre, wie sie sich glücklich preist, und lobe den Herrn mit ihr.



21.12.2018

18. Die Weissagung Simeons
(Lk 2)

I Simeon segnet die heilige Familie und sagt Maria ihre Leiden voraus
Sein Vater und seine Mutter waren voll Staunen über das, was von Ihm gesagt wurde. Simeon pries sie selig. Dann sprach er zu Maria, seiner Mutter: «Dieser ist bestimmt zum Falle und zur Auferstehung vieler in Israel.»
Verweile in der Gesellschaft der Heiligen Familie. Betrachte, was geschieht, und höre, was Simeon von dem göttlichen Kind sagt! Sein bloßes Erscheinen erfüllt die Seele mit übernatürlicher Freude, sein Anblick gibt dem Herzen Frieden, man fühlt sich wiedergeboren zu einem neuen Leben. Teile die Freude Mariens und Josephs. Es ist eine große Freude, wie die Heiligen sie empfinden, wenn Jesus in Wort und Tat verherrlicht wird.
Siehe, wie die heiligen Eltern den Segen Simeons empfangen. Wieviel Demut, Bescheidenheit und Sammlung ist in ihrem Benehmen! Simeon verkündet ihnen hierauf, daß die Früchte der Erlösung nicht allen Menschen zuteil werden. «Dieser ist bestimmt zum Fall und zur Auferstehung vieler in Israel und zum Zeichen des Widerspruchs.» Die einen werden sagen: «Seht, das Heil der Welt!» und die andern dagegen: «Durch Ihn wird das ganze Volk zugrunde gehen.» Er wird umhergehen, Wohltaten spendend, und dennoch werden viele ausrufen: «Er ist ein Übeltäter!» Das ist das Schicksal, das den Heiland erwartet.
Bewahre diese Worte in deinem Herzen. Denke daran: Wenn dies das Los des Meisters ist, was wird dann das Los des Schülers sein? Worüber kann der Jünger sich beklagen, wenn sein Meister solches als Anteil für sich erwählt?
Nachdem Simeon die Zukunft des göttlichen Kindes geoffenbart hat, enthüllt er auch den Anteil, den seine Mutter an seinem Leiden nehmen wird. «Ein Schwert wird deine eigene Seele durchdringen.» Versenke dich in den Schmerz, der von heute an Mariens Herz durchdringen wird — für dich! Versprich der Mutter Jesu, ihre Leiden durch Liebe und Treue zu lindern. Hier wird zum erstenmal das Gesetz verkündet, daß nur im Kreuz das Heil zu finden ist. Mache dich los von der Furcht vor dem Leiden. Erflehe dir von der schmerzhaften Mutter den Mut, der Gnade nichts zu verweigern.



20.12.2018

17. Simeon im Tempel
(Lk 2)

II Simeon nimmt das Kind in seine Arme und lobt Gott
Da nahm er Es auf seine Arme, pries Gott und sprach: «Nun magst Du, o Herr, deinen Diener nach deinem Wort in Frieden entlassen. Meine Augen haben gesehen das Heil, das Du bereitet vor allen Völkern. Für die Heiden ein Licht der Erleuchtung, für dein Volk Israel ein Ruhm.»
Betrachte mit Simeon das göttliche Kind. Sein Glaube entdeckt die Größe Gottes unter so unscheinbarem Äußern. Er kniet anbetend nieder vor Dem, durch Den alles erschaffen worden ist und Der alles wieder herstellen wird. In dem Kind auf den Armen Mariens erblickt er Denjenigen, Den die Engel anbeten, Den die Patriarchen von ferne begrüßt haben, um dessentwillen die Propheten gemartert worden sind. Maria erscheint ihm wie eine Monstranz, die den lebendigen Gott trägt. Erfreue dich an diesem tröstlichen Anblick. Auch du wirst Christus nicht finden in den Reichtümern der Welt, sondern in der Armut und in den Demütigungen.
Lausche dem Lobgesang des heiligen Greises. Simeon nimmt das göttliche Kind in seine Arme und spricht: «Nunc dimittis! Nun lass mich in Frieden sterben, o Herr!» Warum will er sterben? Weil ihm nichts mehr zu sehen und zu bewundern bleibt auf dieser Erde, nachdem er das Glück gehabt hat, dem menschgewordenen Sohn Gottes zu begegnen und Ihn zu erkennen. Alles Irdische erscheint dem gering, der Jesus kennengelernt hat. Laß dich von dieser Wahrheit durch die Worte des heiligen Greises überzeugen. Aus den Zügen des göttlichen Kindes, das er in seinen Armen hält, strahlt alle Schönheit des göttlichen Wesens, aller Liebreiz seiner Güte, alle Barmherzigkeit seiner Vorsehung. Gott offenbart sich in seinem Sohn, und Simeon, hingerissen von seiner Schönheit, verlangt, Ihn dort oben von Angesicht zu Angesicht zu schauen. Die höchsten und edelsten Freuden der Erde sind nur ein schwacher Abglanz der Wonnen des Himmels. Wie begreiflich daher, dass man nach diesen sich sehnt, wenn man jene verkostet hat.
«Meine Augen haben dein Heil gesehen, das Du bereitet hast vor dem Angesicht aller Völker, ein Licht zur Erleuchtung der Heiden und zur Verherrlichung deines Volkes Israel.» Preise mit dem glücklichen Simeon die Herrlichkeit und Treue Gottes. Erflehe dir vom Heiligen Geist die Gnade, in der Erkenntnis Jesu beständig zu wachsen und wie Simeon nicht zu sterben, ohne Jesus als Wegzehr zu empfangen. Erneuere deine Hingabe an das göttliche Kind.



19.12.2018

17. Simeon im Tempel
(Lk 2)

I Der greise Simeon begegnet Maria und Joseph
Da war in Jerusalem ein Mann mit Namen Simeon. Er war gerecht und gottesfürchtig und harrte auf den Trost Israels, und der Heilige Geist war in ihm. Er hatte vom Heiligen Geiste die Offenbarung erhalten, er werde den Tod nicht schauen, bevor er den Gesalbten des Herrn gesehen habe. Auf Antrieb des Geistes kam er in den Tempel, als eben die Eltern das Kind Jesus hineinbrachten, um an Ihm die Vorschrift des Gesetzes zu erfüllen.
Betrachte kurz das Leben und die Heiligkeit Simeons. Er ist ein Mann des Glaubens. Gott hatte ihm gesagt: «Du wirst Den sehen, Den du zu sehen verlangst.» Simeon glaubte dem göttlichen Wort und setzte darauf seine Hoffnung. Da sein Glaube fest gegründet war, ist auch seine Hoffnung unerschütterlich. Denn alle Hoffnung beruht auf dem Glauben. Simeon weiß, dass Gott getreu und gütig ist und alles zum Besten lenkt. Das genügt ihm. In Frieden erwartet er die Erfüllung der göttlichen Verheißungen. Selig, wer seine Hoffnung auf Gott setzt!
Siehe, wie Simeon den Tempel betritt. Er kommt dorthin, um den Triumph des Glaubens zu feiern. Du kannst mit ihm bezeugen, daß Gott niemals jene täuscht, die Er zu seinem Dienst beruft. Vom Heiligen Geist erleuchtet, naht sich Simeon der Heiligen Familie. In einem Augenblick empfängt er den Lohn eines ganzen Lebens voller Mühen und Kämpfe. Er hat es immer als das höchste Glück betrachtet, der Ehre gewürdigt zu werden, Jesus kennen- und lieben zu lernen. Nun wird ihm dieses lang ersehnte Glück zuteil. Freue dich mit ihm, flehe um die Gnade, das Leben so aufzufassen, wie dieser Greis es getan hat.



18.12.2018

16. Die Darstellung Jesu im Tempel
(Lk2)

II Maria stellt ihren Sohn dar und kauft Ihn los nach dem Gesetz1
Auch wollten sie ein Opfer darbringen, wie es im Gesetz des Herrn vorgeschrieben ist: Ein Paar Turteltauben oder zwei junge Tauben.
Maria hat den Eingang des Tempels überschritten. In ihren Armen trägt sie den Erstgeborenen aller Kreaturen, den sie dem himmlischen Vater aufopfern will. Frohlocke in heiliger Freude! Durch die Hände Mariens empfängt Gott erstmals ein Opfer, das seiner würdig ist. Maria verrichtet eine wahrhaft priesterliche Handlung. Hier ist das wahre Opfer, um dessentwillen wir verschont werden. Jesus nimmt die Stelle von uns Schuldigen ein. Schon gleich zu Beginn seines gottmenschlichen Lebens drängt es Ihn, sich der Gerechtigkeit Gottes als Sühnopfer darzustellen für uns, seine Schuldner.
Betrachte den Sohn Gottes in diesem Zustand der Erniedrigung. Höre, wie Er sich durch die Hände Mariens seinem Vater darbringt für dich und für uns alle. «Vater, nimm hin und empfange alles, was dein ist! Ich bringe dir dar, was ich bin und was sie sind, ich gebe dir alles, was mir und was ihnen gehört, Leib und Seele, Verstand, Herz und Willen. Alles hast Du uns gegeben, wir geben dir alles zurück. Gib uns nur deine Liebe, sie allein genügt.» So spricht Jesus.
Maria vereinigt ihr Opfer mit dem Opfer ihres Sohnes. «Siehe, ich bin eine Magd des Herrn. Vater, hier bin ich, um der Erfüllung deiner Pläne und dem Wohle anderer zu dienen. Nimm mich hin!» So spricht Maria.
In Vereinigung mit dem heiligen Joseph lausche der Sprache dieser beiden Herzen. Dieses Fest ist die feierliche Weihe der Menschheit an Gott. Begehe es mit herzlicher Andacht. Bring auch du mit Freuden dein Opfer, womit du dir den Besitz der himmlischen Güter sicherst. Es ist die Gabe der Armen, sie geht also nicht über dein Vermögen. Das Opfer des Armen ist die Hingabe seiner selbst, seiner Arbeit, seiner Treue im Dienste Gottes und seines Mutes im Leiden. Gott verlangt nichts anderes von dir. Er wartet aber auf diese deine Gabe. So sprich auch du dein «Suscipe!».
1 Die Armen kauften den Erstgeborenen, der im Tempel dargestellt wurde, durch ein Opfer von Turteltauben oder zwei jungen Tauben los.



17.12.2018

16. Die Darstellung Jesu im Tempel
(Lk2)

I Maria unterwirft sich demütig dem Gesetz der Reinigung
Als die Tage der Reinigung,1 die das Gesetz Moses vorschrieb, zu Ende waren, brachten sie Jesus nach Jerusalem, um Ihn dem Herrn darzustellen. Denn so steht im Gesetze des Herrn geschrieben: «Jede männliche Erstgeburt soll dem Herrn geweiht werden.» 2
Begib dich mit der Heiligen Familie auf den Weg zum Tempel nach Jerusalem.3 Bete das Kind auf den Armen Mariens an.
Wohin geht Maria? Sie geht zum Tempel, um dir ein Beispiel der vollkommenen Unterwerfung unter den göttlichen Willen zu geben. Sie geht hin, um in Demut das allgemeine Gesetz zu erfüllen. Alle, die sie unter der Menge erblicken, müssen sie für eine Frau halten, gleich allen anderen. Maria könnte die himmlischen Gunstbezeugungen offenbaren, wodurch sie die Bewunderung aller auf sich lenken würde, aber sie schweigt. Sie weiß, daß ihr Schweigen und ihre Demut Gott mehr ehren, und sie denkt nur an seine Ehre.
Betrachte Maria im Vorhof des Tempels. Demütig bittet sie den Priester, die gesetzliche Zeremonie der Reinigung vorzunehmen, und sie folgt ihr mit lebendigem Glauben. Sie weiß zwar, daß sie von diesem Gesetz ausgenommen ist, aber sie weiß auch, daß man nie rein genug ist in den Augen Gottes. Beherzige diese Lehre! Übe dich in der Liebe zum göttlichen Willen und erneuere deine Unterwerfung unter alle seine Gebote. Reinige dein Herz von allem Stolz!
1 Diese Zeit umfaßte bei der Geburt eines Knaben vierzig Tage, bei der eines Mädchens achtzig Tage.
2 Diese Darstellung geschah zur Erinnerung an die Barmherzigkeit des Herrn, der die Erstgeborenen der Israeliten in Ägypten verschont hatte.
3 Die Entfernung von Jerusalem nach Bethlehem beträgt zwei Stunden. Der Weg dahin war immer einer der besten in Palästina. Ehedem war er gepflastert und beschattet, umgeben von Gärten, Weinreben, Rosen und anderen wohlriechenden Pflanzen.



16.12.2018

15. Die Anbetung der Weisen

(Mt 2)

III Die Weisen beten das göttliche Kind an und bringen Ihm Geschenke dar
Und siehe, der Stern, den sie im Morgenlande gesehen hatten, zog vor ihnen her, bis er schließlich über dem Ort stehenblieb, wo das Kindlein war. Als sie aber den Stern sahen, hatten sie eine überaus große Freude.
Als die Weisen Herodes verlassen haben, sind sie von der Gewißheit erfüllt, Jenen zu finden, den sie suchen. Ihre Herzen fließen über vor Freude, die durch das Wiedererscheinen des Sternes noch erhöht wird. Nimm teil an dieser Freude des Trostes, die der Himmel ihnen bereitet, und höre, wie sie sich über ihr Glück unterhalten.
Preise auch du den Herrn, wenn Er dir nach einer Zeit der Prüfung den Trost seiner fühlbaren Gegenwart wieder schenkt. Jedoch ist diese neu erlangte Gnade nicht dein Ziel. Schreite voran, um dich mit dem Sohn Gottes selbst vereinigen zu können.
Der Stern blieb stehen. Sie waren endlich am Ziel ihrer Reise. Sie traten in das Haus und sahen das Kind mit Maria, seiner Mutter. Sie fielen nieder und beteten Es an. Dann taten sie ihre Schätze auf und brachten Ihm Geschenke dar: Gold, Weihrauch und Myrrhe.
Was sehen, was finden sie? Die Wirklichkeit entspricht in der Tat gar wenig der Vorstellung, die sich die Weisen von dem neugeborenen König gemacht hatten. Indessen, Er ist der Gesuchte, sie haben Ihn erkannt. Der Glaube, der sich einzig auf ein göttliches Zeugnis stützt, findet Gott in jeder Gestalt.
Erkenne auch du, wie die Weisen, im Licht des wahren Glaubens den Sohn Gottes unter der ärmlichen Hülle der menschlichen Natur. Laß deiner Liebe und Dankbarkeit freien Lauf. Bringe dem göttlichen Kind deine Geschenke dar. Wo wird der Heiland mehr Großmut finden, bei dir oder den Weisen? Wo ist dein Gold? Alles, was du besitzest, hast du von Ihm. Gib Ihm als deinem König alles als Opfer der Huldigung und als reines Gold deiner Liebe zurück. Wo ist dein Weihrauch? Ist dein Gebet andächtig und selbstlos? Es sei ein Brandopfer vor Gott, indem du dich bereitwillig hingibst zu seiner Ehre. Füge deinem Opfer auch die Myrrhe der Abtötung hinzu. Sei all der Bitterkeiten eingedenk, die deine Undankbarkeit dem göttlichen Kind bereitet. Erinnere dich der Entbehrungen, der Schmerzen und der Schmach, die deine Sünden Ihm verursacht haben.
Geselle dich so von ganzem Herzen den ersten Auserwählten der Heidenwelt zu. Mach ihre Gesinnungen zu den deinigen. Wiederhole, was sie sprechen, und handle wie sie. Sie erfreuen sich der Gnade, die Gott denen gibt, die Ihn suchen. Niemals werden die Opfer, die sie gebracht haben, sie reuen. Niemals wird die Erinnerung an die Gnade ihrer Berufung aus ihren Herzen schwinden. Bitte auch du um die Vermehrung der drei Tugenden, welche die drei Gaben versinnbildlichen: die Liebe, die Anbetung und der Opfergeist.



15.12.2018

15. Die Anbetung der Weisen

(Mt 2)

II Die Weisen erkundigen sich bei Herodes nach dem neugeborenen König der Juden
Als König Herodes das hörte, erschrak er und mit ihm ganz Jerusalem. Er versammelte alle Hohenpriester und Schriftgelehrten des Volkes und legte ihnen die Frage vor, wo Christus geboren werden sollte. Diese antworteten ihm: «Zu Bethlehem, im Lande Juda.»
Der Stern, der den Weisen bis vor die Tore Jerusalems geleuchtet hatte, war hier plötzlich ihren Augen entschwunden. Diese neue Prüfung, die ihre Herzen mit Unruhe erfüllte, sollte dazu dienen, ihren Glauben zu vermehren und ihn noch heller erstrahlen zu lassen.
Betrachte die Weisen in dieser Prüfung! Sie beklagen sich nicht über Gott, sie zweifeln nicht an seiner Vorsehung. Sie fassen den demütigen Entschluß, sich in ihren Zweifeln Rat zu erbitten. Tröste dich durch dieses Beispiel in Zeiten geistlicher Trockenheit. Sie ist nicht ein «Von-Gott-verlassen-Sein», sondern eine Prüfung für deine Liebe und Treue. Verliere also nicht den Mut, sondern geh tapfer voran!
Bedenke auch, daß der Stern verschwand, als die Weisen den neugeborenen Erlöser in Jerusalem suchen wollten. Das göttliche Licht zog sich zurück, weil sie die menschliche Klugheit befragten, die ihnen den Gedanken eingab, der Erlöser wäre in der Hauptstadt der Juden geboren worden. Prüfe dich selbst und mache dir bewusst, dass der Geist Gottes oftmals aufgehört hat, zu dir zu sprechen, weil du dein Ohr den weltlichen Ideen geöffnet hast. Folge den Weisen in den Palast des Herodes. Ganz Jerusalem gerät in Unruhe. Es gibt auf Erden eine Menge Menschen, die fürchten, von Jesus zu hören. Was ihnen Freude bereiten sollte, verwirrt und betrübt sie. Sie verstehen nicht, wozu Jesus in die Welt gekommen ist. Er kam nicht, um Fürsten zu entthronen. Er will sie nur lehren, ihre Macht zum Wohl anderer zu gebrauchen. Er will die Armen und Geringen segnen und ermutigen. Benutze jede Gelegenheit, diese Wahrheit andern zu wiederholen und ihre Vorurteile zu bekämpfen. Erwecke in dir ein lebendiges Verlangen, Denjenigen zu finden, Den die Weisen mit so großem Eifer suchten.
Was antworten ihnen die Schriftgelehrten? Sie bestätigen, was die Erscheinung des Sternes bereits geoffenbart hat. So ordnet Gott alles in der Welt zu unserem Heil. Dieser Gedanke muß dein Vertrauen noch fester begründen. Mag auch Herodes die Weisen rufen lassen und seine ganze Schlauheit anwenden, um sie zu täuschen, Gottes Vorsehung wacht, das genügt.



14.12.2018

15. Die Anbetung der Weisen
(Mt 2)

I Die Weisen kommen aus dem Morgenland, den Erlöser zu suchen
Als Jesus in den Tagen des Königs Herodes zu Bethlehem in Judäa geboren war, da kamen Weise aus dem Morgenlande nach Jerusalem und fragten: «Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern im Morgenlande gesehen und sind gekommen, Ihn anzubeten».1
Was sind das für Männer an den Toren Jerusalems? Es sind Weise, Gelehrte, Fürsten. Der ewige Vater selbst ruft die ersten Anbeter zur Krippe seines Sohnes; nach den Hirten die Könige, nach den Armen die Reichen. Die menschliche Weisheit naht, um der göttlichen zu huldigen.
«Wo ist der neugeborene König?» fragen die Weisen. Diese Männer suchten die Wahrheit in aller Einfalt des Herzens. Sie erflehten von Gott einen Lehrer, der sie in die Wahrheit einführen und dieser den Sieg über alle Irrtümer der Welt verleihen sollte. Und Gott erhört sie. Der Stern, der ihnen erscheint, wird, wenn sie ihm treu folgen, für sie eine Quelle unvergänglichen Lichtes sein.
Vergegenwärtige dir, was die Reise für diese Männer des Glaubens gewesen ist. Lerne von ihnen, den Anregungen der Gnade ohne Verzug und ohne Nachlässigkeit zu entsprechen. Betrachte ihren Mut, ihre Geduld, ihren Eifer. Zähle ihre Siege über die Menschenfurcht, die Entmutigung, das Widerstreben und die Hindernisse, die dich so oft im Dienst Gottes aufhalten! Nur ein starker Glaube konnte den Weisen solchen Heldenmut der Beharrlichkeit einflößen. Laß dich von dem gleichen Glaubensgeist durchdringen. Wenn Gott spricht, muß der Mensch gehorchen!
1 Ihre Reise beanspruchte wenigstens vier Monate, wenn sie aus Persien kamen, und siebzig Tage, wenn ihre Heimat in Chaldäa lag. Nach der liturgischen Tradition erreichten sie gegen den 6. Januar das Ziel der Reise.



13.12.2018

14. Die Beschneidung
(Lk 2)

II Das Kind erhält den Namen Jesus
Es wurde Ihm der Name Jesus gegeben. So hatte Ihn der Engel schon genannt, noch bevor Er im Mutterschoße empfangen war.
Betrachte fromm die Bedeutung dieses süßen Namens. Erbitte dir von Maria und Joseph das volle Verständnis für Ihn. Was sagt dir der Name Jesus? Er bedeutet: Heiland, Erlöser. Er spricht dir von der Allmacht Gottes. Durch diesen Namen werden die Götter der Heiden gestürzt. Durch Ihn schließt sich die Hölle und öffnet sich der Himmel wieder. Wer Ihn vertrauensvoll anruft, ist der Hilfe des Allmächtigen gewiss. Dieser Name ist der Ausdruck aller Schönheit, aller Größe, aller Reinheit und Heiligkeit. Er weckt himmlische Begierden, verscheucht die unreinen Geister und entflammt den Heldenmut. Dieser Name bedeutet Freude, Freiheit, Glückseligkeit. Ihn auszusprechen heißt den Weg zu Gott wiederfinden, alle Traurigkeit aus der Seele verscheuchen und alle Fesseln brechen.
Der Name Jesus ist der Inbegriff aller Liebe, aller Hingabe, aller Güte. Er eint, tröstet und heiligt. Er knüpft Freundschaften für die Ewigkeit. Er regt an zu heroischer Selbstaufopferung im Dienst der leidenden Menschheit. In diesem Namen ist alles enthalten, was man sagen und tun kann, um Gott wohlgefällig und dem Nächsten nützlich zu sein. Ein Engel hat ihn zuerst ausgesprochen, Gott aber hat ihn erdacht. Bitte Maria, dich zu lehren, diesen süßen Namen mit Andacht auszusprechen und dein ganzes Vertrauen auf Den zu setzen, der ihn trägt.
Wünsche sehnlich, andere Seelen möchten in dir etwas von der Hingabe finden, die dieser Name ausdrückt. Die Gelegenheiten, sie zu üben, werden dir nicht fehlen. Schrecke nicht zurück vor der Mühe, die du anwenden mußt. Die Rettung der Seelen fordert Anstrengung und Kampf. Erkläre dich bereit, wenn nötig Blut und Leben für diesen heiligen Namen hinzugeben! Dies wäre ein lebendiger Beweis deiner Liebe.



12.12.2018

14. Die Beschneidung
(Lk 2)

I Die Beschneidung des göttlichen Kindes
Als acht Tage vorüber waren, sollte das Kind beschnitten werden.
Suche die Wonne und Seligkeit der acht ersten Tage nach der Geburt des Erlösers zu begreifen und zu verkosten. Erflehe dir von Maria und Joseph die Gnade, an der Freude dieser Tage ein wenig teilzunehmen. Nach acht Tagen wurde das Kind beschnitten. Verehre in dem Blut der Beschneidung den ersten Beweis der Liebe, die nichts unterlassen wird, um uns zu helfen. Der Sohn Gottes nimmt freiwillig das Zeichen der Sünde an, wie Er einst auch deren Strafe erdulden will. Es drängt Ihn, uns zu zeigen, daß Er sich keinem Leiden und keiner Demütigung entziehen will, um den Titel eines Welterlösers desto vollkommener zu verdienen. Danke Ihm dafür und versprich Ihm, daß du die Gnaden, die Er für dich verdient hat, treu benützen willst.
Gehe noch weiter in deiner Dankbarkeit. Biete Ihm dein Herz an zur geistigen Beschneidung. Es gilt, mit aller Kraft sündhafte Gedanken, ungeordnete Anhänglichkeiten, ungehörige Wünsche, unnütze oder gar lieblose Worte zu beschneiden. Trotz Anstrengung und Schmerz musst du dich dieser Mühsal unterziehen. Indes fürchte dich nicht! Dein Heiland wird die Opfer, die Er auferlegt, zu versüßen wissen. Erflehe dir bei Maria den notwendigen Mut!



11.12.2018

13. Der Lobgesang der Engel
(Lk 2)

III Die Hirten verbreiten die frohe Kunde
Nachdem sie es gesehen hatten, erzählten sie, was ihnen über dieses Kind gesagt worden war. Alle, die es hörten, wunderten sich über das, was die Hirten ihnen erzählten. Maria aber bewahrte alle diese Dinge und erwog sie in ihrem Herzen.
Die ersten Anbeter sind auch die ersten Verkünder der frohen Botschaft. Höre, wie die Hirten erzählen, was sie gesehen. Dadurch üben sie ein wahres Apostolat aus. Denn sie wollen ihre Mitmenschen zur Erkenntnis des Erlösers führen. Sie haben angefangen zu begreifen, welch ein großes Unglück es für den Menschen hienieden ist, vom Erlöser nichts zu wissen. Ohne den Heiland trägt man schwere Bürden und weiß nicht, wo man Erleichterung erlangen und für das Gewissen Beruhigung finden soll. Die Hirten haben das Heil der Welt gefunden, sie wollen nun auch andere zu dieser Gnade hinführen.
Die Hirten geben dir hier ein Beispiel, das du nachahmen sollst. Um dies mit Erfolg zu tun, präge deinem Herzen und deinem Gedächtnis tief ein, was du an der Krippe gesehen und gehört, alles, was du beim Anblick und bei der Betrachtung deines Erlösers an Licht und Eifer, an großmütigen Entschlüssen und festen Vorsätzen gewonnen hast! Bitte Maria, dich noch mehr im innerlichen Gebet zu unterweisen.



10.12.2018

13. Der Lobgesang der Engel
(Lk 2)

II Die Hirten eilen zum Stall
«Wir wollen hinübergehen nach Bethlehem und sehen, was da geschehen ist und was der Herr uns kundgetan hat!» Sie gingen eilends hin und fanden Maria und Joseph und das Kind, das in der Krippe lag.1
Begleite die Hirten zum Stall. «Lasset uns nach Bethlehem gehen!» sprechen sie zueinander. «Lasset uns dahin gehen, wohin der Herr uns ruft, und unverzüglich tun, was Er uns befiehlt. Lasset uns die Wunder der Barmherzigkeit schauen, die uns verkündet worden sind!» Die Hirten lassen sich durch nichts zurückhalten, dem Ruf Gottes zu gehorchen. Sie lehren uns, der Gnade treu und ohne Zögern zu entsprechen. So eilten die Hirten hin, weil sie sich sehr freuten und danach verlangten, das neugeborene Kind zu sehen. Daraus ersieht man ihre Hingabe und ihren Eifer beim Suchen. Einer, der nämlich Christus nur träge sucht, verdient nicht, Ihn zu finden. Zu Ihm eilen bedeutet nicht nur, den Lauf der Schritte zu beschleunigen, sondern immerfort auch im Glauben und in der Tugend Fortschritte zu machen.
Woran sollen sie nun den menschgewordenen Sohn Gottes erkennen? Die Engel hatten gesagt: «Und dies soll euch zum Zeichen sein: Ihr werdet ein Kind finden, das in Windeln gewickelt ist und in einer Krippe liegt.» Knie mit den Hirten vor der Krippe nieder und betrachte das Kindlein, das darin ruht. Erkenne in Ihm den König Himmels und der Erde, den Erlöser der Menschen, den Sohn Gottes. Die göttliche Schönheit verbirgt sich unter ärmlichen Windeln. Versenke dich anbetend in dieses Geheimnis!
Lege deine Huldigungen in das Herz des göttlichen Kindes. Opfere sie Ihm durch die Hände Mariens auf. Bitte den heiligen Joseph, dir Gefühle und Worte einzugeben, an denen Maria und das göttliche Kind Wohlgefallen finden. Weihe dich rückhaltlos und ohne Furcht der Liebe des neugeborenen Erlösers. Er schaut in dein Herz, hört auf deine Bitten und segnet dich von der Krippe aus, die Er um deinetwillen zu seinem Thron erwählt hat.
Die Demut ist die erste Tugend, die unser Heiland geübt hat. Sie soll auch die erste Tugend sein, die jene üben sollen, die Ihm nachfolgen!
1 Die Krippe wird gegenwärtig in Rom in der Krypta der Basilika Santa Maria Maggiore verehrt.



09.12.2018

13. Der Lobgesang der Engel
(Lk 2)

I Die Engel verkünden den Hirten die Geburt des Erlösers
In jener Gegend hielten Hirten auf freiem Felde Nachtwache bei ihrer Herde.1 Da trat ein Engel des Herrn zu ihnen, und die Herrlichkeit des Herrn umstrahlte sie. Und sie fürchteten sich sehr. Der Engel aber sprach zu ihnen: «Fürchtet euch nicht, denn sehet, ich verkündige euch eine große Freude, die allem Volk zuteil werden wird, daß euch heute in der Stadt Davids der Heiland geboren worden, welcher Christus, der Herr, ist.
Nachdem der Heiland im Stall geboren worden ist, können die Engel des Himmels ihre Freude über das Erbarmen Gottes nicht zurückhalten. Mit lautem Jubelgesang verkünden sie den armen Hirten die frohe Botschaft.
Wer sind nun diese Hirten? Es sind von der Welt verachtete Arme. Aber Gott liebt diejenigen, welche die Welt verachtet. Sie sind die ersten Auserwählten des Evangeliums. Wenn auch der Erlöser für alle gekommen ist, so sind doch die Armen die Erstlinge unter den Berufenen. »Freuet euch», verkündet der Engel den Hirten, «euch ist heute der Erlöser geboren.» Selig die Armen, selig die Verachteten!
Konnte man ihnen eine freudenreichere Botschaft bringen? «Ihr habt einen Erlöser, auf den ihr hoffen dürft. Er wird euch nicht länger in der Gefangenschaft schmachten lassen, Er wird euch den Himmel öffnen.» Die Hirten sind voll seliger Freude. Nun beginnt in Wahrheit ein Fest der Armen.
Es ist auch ein Fest für jede Seele, die der Weltlust entsagen und das übernatürliche Leben umfassen will. Ist es in diesem Sinn nicht auch dein Fest? Um es würdig zu begehen, weihe dich mit allem Eifer deinem Erlöser, der bei seinem Eintritt in die Welt den Weg der Entbehrung erwählt hat und dich sogleich zu seiner Nachfolge beruft. Um diesem Ruf getreuer zu entsprechen, entsage der Befriedigung der Sinne, dem Wohlleben, dem du dich vielleicht hingegeben hast. Gib auf diese Weise Gott die schuldige Ehre und sing mit den Engeln: «Ehre sei Gott in der Höhe!»
Bedenke auch, daß der Sohn Gottes nicht für sich Mensch geworden ist, sondern zu deinem Nutzen. Bete die sich hin schenkende Güte Gottes an. Jesus ist für dich geboren worden, und du möchtest Ihn nicht empfangen?
1 Östlich von Bethlehem zieht sich ein grünes Tal hin. Dort hatte Jakob sein Zelt aufgeschlagen, um seine geliebte Rahel zu beweinen. Dort hatte Ruth die Ähren auf dem Felde des Booz gelesen. Dort hatte David als Knabe die Herden seines Vaters gehütet. Es ist das Tal der Hirten. Eine Krypta, von Oliven beschattet, bezeichnet heute noch die Stätte, wo der Himmel sich einst öffnete, um den Menschen die frohe Botschaft der Geburt Christi zu verkünden.



08.12.2018

12. Die Geburt Jesu
(Lk 2)

III Die Geburt Jesu in einem Stall
Und sie gebar ihren erstgeborenen Sohn, wickelte Ihn in Windeln und legte Ihn in eine Krippe.
Folge Maria und Joseph in den Stall. Dieser ist der von Jesus selbst erwählte Palast, in dem Er seinen Einzug in die Welt feiern will. Im Lichte dieser freien Wahl lerne die Schönheit der freiwilligen Armut begreifen. Welcher Gegensatz zwischen dem Geiste Gottes und dem Geiste der Welt! Während die Welt nur den Überfluß liebt und die Armut fürchtet, erwählt der Heiland für sich die Armut und verachtet den Reichtum. Sei getrost, meine Seele! Er, der sich einen so unwirtlichen Ort zur Geburtsstätte auserkor, wird es nicht verschmähen, trotz deiner Unvollkommenheiten und deines Elendes in deine Seele einzukehren.
Nahe dich der Krippe, diesem Altar, auf dem dein Gott als König des Opfers und der Entsagung ruht. Betrachte in Liebe das Innere des Stalles. Ist seine Dürftigkeit nicht der Pracht fürstlicher Paläste vorzuziehen, weil Jesus hier weilt?
Knie nieder und bringe an der Krippe heute die Opfer dar, die der Herr durch die Stimme seiner Gnade schon so oft von dir gefordert hat. Öffne dem neugeborenen Erlöser dein Herz und heiße Ihn willkommen. Bete Ihn auf den Armen seiner Mutter an. Versprich Ihm, dich in seinen Dienst zu stellen und dich in seiner Schule auszeichnen zu wollen. Hier an der Krippe laß alles an deinem Geist vorüberziehen, was nach dem Plan Gottes geschah, damit der Herr aller Dinge in dieser außerordentlichen Armut geboren werden, in Entbehrungen, Demütigungen und Leiden leben und endlich am Kreuz sterben konnte. Und dies alles tat Er für dich. Lass diese Erwägungen deine Seele tief durchdringen.



07.12.2018

12. Die Geburt Jesu
(Lk 2)

II Maria und Joseph suchen vergebens einen Platz in der Herberge
In der Herberge fand sich kein Platz für sie.
Betritt mit Maria und Joseph das kleine Bethlehem. Der Sohn Gottes bedarf deiner, um eine Unterkunft zu finden, so stelle dich denn in seinen Dienst. Klopfe mit Ihm an die verschiedenen Türen, wo Er einkehren und sich offenbaren möchte. Suche Ihm eine Herberge und nenne seinen Namen jenen, die vorübereilen.
Was geschieht in Bethlehem? Immer wieder werden Maria und Joseph abgewiesen; nirgends ist Platz für sie. Der Schöpfer findet keine gastliche Aufnahme bei seinen Geschöpfen. Für alle hat Bethlehem Raum, nur nicht für Ihn. Bitte den Heiligen Geist um Erklärung dieses Geheimnisses.
Weshalb läßt Gott es zu, daß sein eingeborener Sohn an allen Türen abgewiesen wird? Weil Er Ihn sendet als Lehrmeister des wahren Lebens. Er hofft, daß du durch die Betrachtung dieser schmählichen Abweisungen eines Tages zur Erkenntnis des hohen Wertes der Demütigungen gelangst, die zu erwählen der Gottessohn vom Himmel kam. Das ist seine erste Lehre. Nimm diese neue Lebensanschauung freudig an.



06.12.2018

12. Die Geburt Jesu
(Lk 2)

I Maria und Joseph reisen nach Bethlehem
In jenen Tagen erging vom Kaiser Augustus ein Befehl, das ganze Weltreich aufzuzeichnen. ... Joseph war aus dem Hause und dem Geschlechte Davids. So zog er aus der Stadt Nazareth1 in Galiläa hinauf nach Judäa in die Stadt Davids, die Bethlehem 2 heißt, um sich mit Maria, seiner Angetrauten, die guter Hoffnung war, aufschreiben zu lassen.
Das große Geheimnis soll sich jetzt erfüllen. Der Sohn Gottes will seinen Einzug in diese Welt halten. Maria und Joseph machen sich auf den Weg nach Bethlehem.
Wozu diese Reise? Ein kaiserliches Edikt ist veröffentlicht worden, und man muß ihm Folge leisten. Gott bedient sich zur Ausführung seiner Pläne ebenso des Ehrgeizes der Großen wie des Glaubens der Kleinen. Siehe, mit welcher Pünktlichkeit Maria und Joseph sich dem kaiserlichen Befehl unterziehen. Weshalb sollten sie denn murren? Gehorchen sie nicht dem Willen Gottes, indem sie sich dem Befehle eines irdischen Machthabers unterwerfen? Beachte ferner, mit welcher Einfachheit sie das allgemeine Gesetz befolgen. Sie verlangen keine Ausnahme, sondern tun, was alle tun. Durch nichts wollen sie sich von den andern unterscheiden, als durch die Art, der Verrichtung ihrer Handlungen und durch ihre größere Armut und Demut. Begleite Maria und Joseph mit Liebe und Hingebung. Biete dich an, ihnen auf der beschwerlichen Reise zu dienen. Nimm an ihren Gesprächen teil. Vereinige dich mit ihren Gebeten und ihrem Verlangen, in allem den Willen Gottes zu erfüllen.
1 Nazareth liegt vier Tagesreisen weit von Bethlehem. Man steigt in die Ebene Esdrelon hinab, die man durchwandern muß, um Eugannim zu erreichen. Von da gelangt man durch Sichem und das Gelände von Beeroth in die Gegend von Jerusalem. Bethlehem liegt nur zwei Stunden von Jerusalem entfernt. Es ist das Jahr 749 nach römischer Zeitrechnung, die Woche des 25. Dezember.
2 Bethlehem liegt auf einem langen, weißen Hügel, dessen mit Reben, Oliven und Feigenbäumen bepflanzte Abhänge ziemlich regelmäßige Terrassen bilden. Auf dem Gipfel der Anhöhe lag die Grotte, über der sich gegenwärtig die Kirche der Geburt Jesu erhebt.



05.12.2018

11. Die Erwartung der Geburt Jesu
(Mt 1)

II Joseph wird durch einen Engel beruhigt
Während er sich mit diesem Gedanken trug, erschien ihm im Traum ein Engel des Herrn und sprach: «Joseph, Sohn Davids, scheue dich nicht, Maria, deine Gattin, zu dir zu nehmen. Denn was in ihr erzeugt worden ist, stammt vom Heiligen Geiste. Sie wird einen Sohn gebären, Dem sollst du den Namen Jesus geben, denn Er wird sein Volk erlösen von seinen Sünden.»
Danke dem heiligen Joseph für seine liebevolle Rücksicht auf Maria und für sein lehrreiches Beispiel. Betrachte sein Verhalten gegenüber dem unerklärlichen Geheimnis. Seine Klugheit ist vor allem Liebe, von ihr läßt er sich leiten in den schwierigen Verhältnissen, in denen er sich befindet. Die Liebe unterdrückt bei ihm jede Regung der Bitterkeit.
Ein so liebevolles Verhalten belohnt Gott alsbald. Er schickt seine Engel jenen, die fest auf Ihn vertrauen. Höre, was der Engel zu Joseph sagt. Betrachte seine Worte im einzelnen und lerne aus ihnen, daß der Mensch ein Werkzeug in der Hand Gottes ist. Gott hat dies alles vorausgesehen und vorbereitet. Die Seele Josephs wird mit höchster Freude erfüllt. Da nun Joseph vom Schlafe erwachte, tat er, wie ihm der Engel des Herrn befohlen hatte, und nahm seine Gemahlin zu sich. Das kostbarste Gut auf Erden ist also Joseph zur Obhut anvertraut worden. Freue dich mit ihm und beglückwünsche ihn. Bitte ihn, er möge dich seiner heiligen Braut vorstellen und dich lehren, sie zu lieben wie er. Erahne die jungfräuliche Zartheit dieser heiligen Verbindung. Strebe nach großer Reinheit des Herzens und bemühe dich zu erfassen, worin das wahre Glück hienieden besteht.



04.12.2018

11. Die Erwartung der Geburt Jesu
(Mt 1)

I Die Beunruhigung des heiligen Joseph
Mit der Geburt Jesu Christi verhielt es sich so: Als seine Mutter Maria mit Joseph verlobt war, ergab es sich, daß sie empfangen hatte vom Heiligen Geist, noch ehe sie zusammenkamen. Joseph aber, ihr Mann, war gerecht und wollte sie nicht bloßstellen, und so gedachte er, sie still zu entlassen.
Begib dich im Geiste nach Nazareth in das Haus von Maria und Joseph. Nimm die Sorge und Bekümmernis wahr, unter denen Joseph leidet. Warum hat ihm Gott das Geheimnis der Mutterschaft Mariens nicht geoffenbart? Gott beruft Joseph zur Mitwirkung an seinen Heilsplänen, aber Er teilt sie ihm noch nicht mit. Der Mensch soll sich blind der Führung der göttlichen Weisheit überlassen. O meine Seele, laß dich vertrauensvoll von ihr leiten! Gott sorgt für dich; dir genüge es, für Ihn zu arbeiten.
Joseph wundert sich indes nicht, daß Gott solch schmerzliche Prüfungen selbst über seine treuesten Diener verhängt. Betrachte, wie er auch dementsprechend handelt. Er leidet, murrt aber nicht. Er betet und erwägt die Sache ruhig und ohne Überstürzung. Er erwartet Licht von oben und hofft zuversichtlich, dass Gott es ihm gewähren wird.
Auch Maria vertraut fest auf Gott. Obwohl sie mit Joseph schmerzlich mitleidet, hütet sie das göttliche Geheimnis der Menschwerdung. Sie übergibt alle Sorge dem Herrn im Vertrauen, dass Gott das Geheimnis ihrem Bräutigam zur rechten Zeit offenbaren wird. Glücklich die Seelen, die es verstehen, solche Prüfungen zur Verherrlichung Gottes auf sich zu nehmen. Der Herr wird es nicht unterlassen, sie hundertfach zu belohnen.



03.12.2018

10. Die menschliche Abstammung Jesu Christi
(Mt 1)

II Der Evangelist fasst die angeführten Geschlechtsreihen zusammen
So sind es von Abraham bis David insgesamt vierzehn Geschlechter, von David bis zur Wegführung nach Babylon vierzehn Geschlechter und von der Wegführung nach Babylon bis Christus vierzehn Geschlechter.
Das ist der Stammbaum Jesu Christi. Verehre in Ihm den Erben der königlichen Familie Juda, grüße aber auch den demütigen Sohn des Handwerkers von Nazareth. Reiche und Arme, Arbeiter und Fürsten, Freigeborene und Sklaven, alle Lebensstände sind in diesem Geschlechtsregister vertreten, denn Jesus will allen Klassen der menschlichen Gesellschaft angehören. Bewundere die Demut des Heilands. Er wählt zu seinem Eintritt in die Welt den Zeitpunkt, wo alle irdische Größe aus seiner Familie gewichen ist. Dem königlichen Glanz Davids und Salomons zieht Er die Verborgenheit Josephs und Mariens vor. Das sei auch dein Urteil über menschliche Größe und weltliches Ansehen. So demutsvoll wie Jesus sich in seinem Stammbaum zeigt, wirst du Ihn während seines ganzen Lebens sehen.
Durchgehe gläubig die Geschichte der göttlichen Verheißungen und mache dir bewußt, welche Summe von Arbeiten, Leiden und Kämpfen das Leben der angeführten Geschlechter umfaßt. Nichts von alledem hat die göttlichen Pläne durchkreuzen können. Durch die wechselvollen Geschicke des jüdischen Volkes hindurch lenkte Gott die Ereignisse so, daß der Erlöser zu der von Ihm bestimmten Stunde erscheinen konnte. Lerne an seine Vorsehung glauben und übergib dich ihr blindlings, so wirst du Ruhe finden für deine Seele.



02.12.2018

10. Die menschliche Abstammung Jesu Christi
(Mt 1)

I Das Geschlechtsregister Jesu
Buch der Abstammung Jesu Christi, des Sohnes Davids, des Sohnes Abrahams. Von Abraham stammt Isaak, von Isaak Jakob .
Danke dem Heiligen Geiste, daß Er den Evangelisten anregte, durch Aufzählung des Stammbaumes Jesu den Erlöser als wahren Menschen darzustellen, wie Er auch wahrer Gott ist. Dadurch sollst du überzeugt werden, daß der Heiland in Wirklichkeit unser Bruder und Fleisch von unserem Fleische ist. Er läßt uns seine menschliche Abstammung kundtun, um vertrauter mit uns zu werden und uns das Vertrautsein mit Ihm zu erleichtern.
Welchen Namen begegnest du in diesem Stammregister? Vor allem Namen von Heiligen; begrüße sie ehrfurchtsvoll. Rufe alle, deren Verdienste uns den Besitz des Erlösers erworben haben, um ihre Fürbitte an: die Patriarchen, Könige, Propheten und Führer des Volkes Israel. Laß dir von ihnen sagen, was ihnen die Gnade verdient hat, den Erlöser zu ihren Nachkommen zu zählen. Sie lebten aus der Hoffnung, Ihn zu sehen, und Gott würdigte sie der hohen Ehre, Ihm das irdische Leben zu vermitteln.
Im Stammbaum des Erlösers stehen auch Namen von Sündern und Sünderinnen. Diese Wahrnehmung soll dich ermutigen. Deine Sündhaftigkeit hindert dich nicht, ein Bruder Jesu zu sein, ebenso wenig wie das Sündenelend jene aus der Reihe seiner Ahnen ausschloss.


01.12.2018

9. Der Lobgesang des Zacharias
(Lk 1)

III Zacharias weist auf Johannes als den Vorläufer des Herrn hin
«Mein Kind, du wirst heißen Prophet des Allerhöchsten. Vorangehen wirst du dem Herrn, Ihm die Wege zu bahnen, des Heiles Kunde seinem Volk zu bringen in der Tilgung seiner Sünden durch unseres Gottes herzliches Erbarmen.»
Betrachte das Kind Johannes in den Armen seines Vaters. Zacharias opfert Gott seinen Sohn, damit Gott ihn als Werkzeug der Ehre Christi gebrauche. Er fühlt sich als den glücklichsten der Väter, weil ihm die Versicherung zuteil geworden ist, daß sein Sohn allzeit auf der Seite der Wahrheit und Gerechtigkeit stehen wird, daß er seinen Mitmenschen von großem Nutzen sein und Gott immerdar lieben und Ihm dienen wird.
«Mein Kind, du wirst vor Dem hergehen, Der da kommen soll. Du wirst Ihm den Weg bereiten und Ihn jenen offenbaren, die Ihn nicht kennen. Du wirst Ihm Jünger heranbilden und Ihm dein ganzes Leben weihen.» Wenn Er dann selbst erscheinen wird, um zu lehren, zu verzeihen und zu heilen, so wird man sagen: «Das ist wahrhaft der Erlöser, den man uns verkündet hat.» Das ist der Ruhm, den Zacharias für seinen Sohn erstrebt, das ist die Freude, die Er sich selbst verspricht.1
Ist es nicht angemessen, daß Zacharias Gott opfert, was Er ihm gegeben hat? Er spricht zu Ihm: «O Gott, verfüge zu deiner Ehre über alles, was dein war, ehe ich es von dir empfangen habe. Was Du mir gegeben hast, sei in deinen Dienst gestellt zum Heil derer, die Du liebst.» Beglückwünsche Zacharias um seiner großmütigen Gesinnungen willen. Vereinige deine Danksagungen mit den seinen. Auch für dich bricht der neue Tag an. Dein Leben wird sich neu gestalten. Du wirst Gott in neuem Licht sehen und diese tiefere Gotteskenntnis andern mitteilen. Du wirst Gott mehr lieben und andere zur Liebe Gottes aneifern. Du wirst den Weg der Wahrheit wiederfinden, sicher darauf wandeln und andere dahin zurückführen. Alle Dunkelheit und Ungewißheit wird von dir weichen, denn das Heil und das Glück steigt vom Himmel und kehrt bei dir ein. Danke der göttlichen Güte und sprich in heiligem Frohlocken: «Gepriesen sei der Herr, der Gott Israels.»
1 Der hl. Lukas fügt über die ersten Jahre des Vorläufers folgendes bei: «Der Knabe aber wuchs heran und ward stark im Geist und war in der Wüste bis zu dem Tag, da er sich zeigen sollte für Israel.» Westlich von Jerusalem, in der Nähe des Ortes Ain-Karim befindet sich eine Grotte, die den Namen des Johannes trägt. Eine in den Felsen gehauene Bank scheint ihm als Bett gedient zu haben. Mageres Gesträuch umgibt die Grotte, in deren Nähe eine Quelle das Gestein ausgehöhlt hat. Die Traditionen jener Gegend bezeichnen diesen Ort als den Schauplatz der Jugendjahre des hl. Johannes.



30.11.2018

9. Der Lobgesang des Zacharias
(Lk 1)

II Zacharias bezeugt, daß der Erlöser der von Gott verheißene Messias ist
«Er ist die Rettung von unsern Feinden und aus der Hand aller unserer Hasser, wie Er verheißen von alters her durch den Mund heiliger Propheten.»
Gott ist getreu. Mit den kommenden Ereignissen beginnt die Verwirklichung seiner Verheißungen. Von Anbeginn der Welt faßte Er die Pläne seiner Erbarmung und tat sie durch die Propheten den Menschen zu ihrem Trost kund. Jene, die den Heiland nicht sehen durften, sollten wenigstens von Ihm reden hören. Von ferne beglückwünschten sie die auserwählten Geschlechter, denen es beschieden war, den Erlöser mit eigenen Augen zu sehen.
Mit Johannes beginnt dieses Geschlecht. Die Glücklichen, deren Fesseln der Heiland lösen will, die Ihn sehen, hören und seiner persönlichen Gegenwart sich erfreuen werden, unter deren Dach Er einkehren, an deren Tisch Er sich in liebreicher Herablassung setzen wird, sie sind schon geboren. Die gnadenvolle Zeit ist angebrochen, die Verheißungen werden sich erfüllen. Mische dich unter jene, die in seliger Erwartung seiner harren.
Zacharias aber bezeichnet den Heiland als einen siegreichen Eroberer, der gegen die Feinde des Guten einen harten Kampf führen wird. Er wird diese Feinde auch bis in das Innerste deines Wesens hinein verfolgen. Deine Seele wird das Schlachtfeld sein. Es gilt, sich zu stählen für den geistigen Streit. Rufe Den um Hilfe an, Der ein unüberwindlicher Sieger ist. Wiederhole oft die Worte: «Gepriesen sei der Herr, der Gott Israels, d.h. der Gott der Starken.»



29.11.2018

9. Der Lobgesang des Zacharias
(Lk 1)

I Zacharias verkündet die nahe Erlösung Israels
Zacharias, sein Vater, wurde vom Heiligen Geist erfüllt und sprach die prophetischen Worte: «Gepriesen sei der Herr, Israels Gott! Heimgesucht hat Er sein Volk, ihm Erlösung bereitet.»
Sammle dich und betrachte den Lobgesang Zacharias. Auch er lobpreist wie Maria den Herrn, der uns seinen eingeborenen Sohn als Erlöser schenkt.
Derselbe Gott Israels, der mit unvergleichlicher Vertrautheit mit den Patriarchen umging, sucht jetzt sein Volk als Erlöser heim. Er hat das Gebet gehört und sich seiner unglücklichen Kinder erbarmt: «Ich will zu ihnen hinabsteigen und an ihre Türen anklopfen.»
«Nun ist Er da», verkündet Zacharias frohlockend, «die Stunde seiner Ankunft hat geschlagen.» In der bescheidenen Wohnung des Priesters erblickt man zwar nur ein neugeborenes Kindlein und seine greisen Eltern im Gebet. So bereitet Gott der Ankunft des Erlösers die Wege. So demutsvoll kündet sich uns der Heiland an. Er erniedrigt sich, um die Kleinen an sich zu ziehen, nimmt Knechtsgestalt an, damit wir Ihn als einen von uns erkennen. Er erniedrigt sich, damit wir, die wir in Wahrheit nichts sind, durch Ihn leben. Kann es da schwerfallen, auf Ihn alle Hoffnung zu setzen?
Der Herr kommt, um sein Volk zu erlösen, Er ist der Erlösergott. Die Gefangenen wird Er in Freiheit setzen und alle, also auch mich, der Herrschaft des Bösen entreißen. Er wird die Würde eines Gotteskindes in mir wiederherstellen. Er wird mich frei machen, mich reinigen und mir das übernatürliche Gnadenleben wiedergeben. O meine Seele, lobe den Herrn!



28.11.2018

8. Die Geburt des Vorläufers
(Lk 1)

II Zacharias erhält die Sprache wieder und dankt Gott
In demselben Augenblick ward sein Mund geöffnet und seine Zunge gelöst. Er konnte sprechen und pries Gott. Da kam Furcht über alle, die in der Nähe wohnten, und im ganzen Gebirge von Judäa sprach man von all diesen Begebenheiten. Alle, die davon hörten, überdachten sie im Herzen und sagten: «Was wird wohl aus diesem Kind werden?»
Höre, wie Zacharias Gott seinen Dank ausspricht. Der Zweifel hat ihn der Sprache beraubt, der Glaube gibt sie ihm wieder, und er bedient sich ihrer, um Gott zu loben.
Gott gab dem Menschen die Sprache, damit er Ihn lobe, denn der Mensch ist erschaffen zur Verherrlichung Gottes. Um ihn an dieses erhabene Ziel beständig zu erinnern, schickt ihm Gott Freude und Schmerz. Bei freudigen wie bei betrübenden Ereignissen soll das Herz des Menschen Gott preisen. Vereinige dein Lob mit dem des Zacharias. Bei der Betrachtung der Wohltat, die Gott ihm erweist, durchgehe im Geist die Reihe der Gnaden, die du von Gott empfangen hast. Auch du hast alle Ursache, Gott für seine Erbarmungen zu preisen. Auch dir sollte es am Herzen liegen, die grenzenlose Güte, die dir liebend zuvorkam und dich mit Wohltaten überhäufte, anderen bekannt zu machen.
Auf diese Weise wirst du dich immer mehr der neuen Sonne nähern, die über der Welt aufgeht. Die Allmacht Gottes beginnt ihr Werk. Sie will auch dich zur Vollkommenheit in der Tugend heranbilden. Laß sie an dir arbeiten und sie wird Wunder tun. Sie wird aus Kindern Männer und Frauen heranbilden, aus Sündern Auserwählte und aus Gefallenen Heilige hervorbringen.



27.11.2018

8. Die Geburt des Vorläufers
(Lk 1)

I Die Freude im Hause des Zacharias über die Geburt des Sohnes
Für Elisabeth erfüllten sich ihre Tage, und sie gebar einen Sohn. Ihre Nachbarn und Verwandten hörten, daß der Herr ihr große Huld erwiesen hatte, und freuten sich mit ihr.
Hier siehst du die Bestätigung der Wahrheit, daß der Herr getreu ist in seinen Verheißungen. Erzeige dem neugeborenen Kind deine Verehrung und beglückwünsche die erfreuten Eltern. Vor allem aber danke Gott dem Herrn, denn auch zu deinem Heil wurde Johannes geboren.
Am achten Tag soll das Kind nach dem Gesetz einen Namen erhalten. Zacharias ist sich dessen wohl bewußt, daß sein Sohn vom Schoß der Mutter an dazu bestimmt ist, die Großtaten der Barmherzigkeit Gottes vorzubereiten. Er soll durch sein Apostolat und sein Beispiel viele Seelen zum Heil führen. Alles das soll sein Name schon ausdrücken: Johannes, d. h. Barmherzigkeit Gottes, wird er genannt werden. So oft Zacharias und Elisabeth in Zukunft diesen Namen aussprechen, werden sie damit die Barmherzigkeit Gottes preisen, die ihnen das Kind zum Heil der gefallenen Menschheit geschenkt hat.
«Niemand in deiner Verwandtschaft trägt diesen Namen», sagen die Umstehenden zu Elisabeth. Zacharias erklärt schriftlich: «Johannes ist sein Name!» Er bekundet dadurch, daß es sein ausgesprochener Wille ist, den Absichten Gottes und nicht den Familienüberlieferungen zu folgen. Eine neue Zeit bricht an und sie fordert eine neue Art des Handelns und Urteilens. Auch du sollst in dieser neuen Zeit den alten Menschen ablegen. Früher beschäftigtest du dich vorwiegend mit dir selbst und mit den Deinigen, jetzt muß Gott bei dir in den Vordergrund treten. Du mußt mit den alten Gewohnheiten brechen und in allem nur die größere Ehre Gottes suchen.



26.11.2018

7. Der Lobgesang Mariens
(Lk 1)

III Maria preist die Treue Gottes in der Erfüllung seiner Verheißungen
«Angenommen hat Er sich Israels, seines Knechtes, eingedenk seines Erbarmens mit Abraham und seinen Nachkommen auf ewig, wie Er unsern Vätern verheißen.»
Ein neuer Beweggrund zur Dankbarkeit gegen Gott ist seine Vatersorge zu aller Zeit. Er erbarmt sich aller seiner Geschöpfe. Über Israel, das Er an Kindesstatt angenommen, wachte Er von Anfang an, zog sein Volk aus der Knechtschaft, reichte ihm das Brot in der Wüste und gab ihm die Hoffnung auf einen Erlöser. Mit der Ankunft seines Sohnes auf Erden löst nun Gott sein Versprechen ein, das Volk nicht zu verlassen: Er kommt selbst, nimmt es gleichsam bei der Hand, um es ins Gelobte Land zu führen.
Israel glaubte sich verlassen und wurde deshalb auf dem Weg mutlos. Die Prüfungen dauerten ihm zu lange, die Hindernisse schienen unüberwindlich. Maria aber fordert ihr Volk zur Danksagung auf. Sie preist die Ankunft des unter Tränen erwarteten Erlösers. «Tröstet euch, ihr Trauernden», ruft sie ihnen zu, «Gott gedenkt euer. Wenn Er auch für kurze Zeit schweigt, so tut Er dies nur, um desto besser verstanden zu werden. Hält Er auch zuweilen mit seinen Wundern zurück, so wirkt Er doch beständig für euer Heil. Nie vergisst Er seines Bundes. Er ist getreu in seinen Versprechungen und erfüllt alles, was Er verheißen hat.»
Stimme in den Lobgesang Mariens ein! Bete auch du den Mensch gewordenen Gott in ihrem Schoß an! Gütig und erbarmungsvoll, mächtig und getreu, wie Maria Ihn in ihrem herrlichen Lobgesang preist, wird sich der Heiland dir offenbaren, und du wirst die Früchte seines gottmenschlichen Lebens ernten. Lass in deinen Gebeten und in deinem Leben den Lobgesang Mariens frohlockend weiterklingen.



25.11.2018

7. Der Lobgesang Mariens
(Lk 1)

II Maria preist die Wunder der Menschwerdung
«Großes hat an mir getan der Mächtige. Sein Name ist heilig, sein Erbarmen währt von Geschlecht zu Geschlecht für die, die Ihn fürchten.»
Bewundere die großen Dinge, die der Allmächtige in Maria gewirkt hat. Sie nannte sich eine Magd des Herrn; Er hat sie zu seiner Mutter gemacht. In und durch Maria werden sich die Wunder der göttlichen Güte erfüllen. Aber diese Wunder sind nicht für sie allein. Deshalb fühlt sie sich gedrängt, Gott zu danken, daß Er seine Gnaden ausgießt über alle Menschen und Geschlechter. «Seine Barmherzigkeit währt von Geschlecht zu Geschlecht bei denen, die Ihn fürchten», spricht Maria. Gott liebt alle Wesen, die Er erschaffen hat. Er hat Mitleid mit denen, die leiden, Er verzeiht den reuigen Sündern. Seine Barmherzigkeit ist eine nie versiegende Quelle. Frohlocke, denn Gott wird nie ermüden, wie Maria bezeugt, dir Gutes zu tun.
Maria überschaut dann, was der Herr in der Vergangenheit getan hat. Die Vergangenheit bürgt für die Zukunft. «Machtvoll waltet sein Arm. Er vernichtet die Herzen voll Hochmut, Gewalthaber stürzt Er vom Thron, Niedrige hebt Er empor. Hungrige erfüllt Er mit Gütern, Reiche läßt Er leer ausgehen.» Unser Gott ist der starke Gott und Er stellt seine Stärke in den Dienst der Schwachen. Die von menschlicher Ungerechtigkeit Bedrückten dürfen ihr Haupt mit Zuversicht erheben, und die von Versuchung Bedrohten dürfen frohe Hoffnung haben, denn Gott ist bereit, für sie Wunder zu wirken.
Nur die Hoffärtigen haben Ursache, die Ankunft des Heilands zu fürchten. Der menschgewordene Erlöser verabscheut sie, Er wird den Vernichtungskampf gegen den Stolz führen. Wenn dir die Ankunft des Erlösers zum Heil gereichen soll, mußt du dieses Laster in dir bekämpfen. Wer sich erniedrigt, wird erhöht werden.



24.11.2018

7. Der Lobgesang Mariens
(Lk 1
)

I Maria bezeugt Gott ihre Freude und Dankbarkeit
«Hoch preist meine Seele den Herrn und mein Geist frohlockt in Gott, meinem Heiland! Herabgesehen hat Er in Gnaden auf seine niedrige Magd. Seht, von nun an werden mich selig preisen alle Geschlechter.»
Kehre nochmals zu Maria zurück und höre den tiefbewegten Dank ihres Herzens. Bei ihr kannst du lernen, die Wunder der göttlichen Liebe zu preisen.
Elisabeth hatte Maria mit den Worten gegrüßt: «Du bist gebenedeit unter den Frauen.» Maria beeilt sich, die Ehre, die ihr von den Geschöpfen zuteil wird, auf Gott zurückzuführen. Beachte wohl, sie verkennt in sich keineswegs die Vorzüge, die andere mit Recht an ihr bewundern, aber sie lenkt die Ehre auf Ihn zurück, Dem sie alles verdankt. Hierin besteht die einzig richtige Art, Gott Dank zu sagen. Sei versichert, die göttliche Güte gefällt sich darin, ihre Gaben in reichem Maß über jene auszugießen, die sich bestreben, Gott die Ehre zu geben.
Warum strömt das Herz Mariens von Freude über? «Denn Er hat angesehen die Niedrigkeit seiner Magd», sagt sie. Es genügt ein bloßer Blick Gottes, um eine demütige, gläubige und reine Seele ganz mit Freude zu erfüllen. Maria stellt ihre Niedrigkeit der unendlichen Größe Gottes gegenüber und demütigt sich tief in dieser Erwägung. Sie, die einfache Jungfrau, wurde zur höchsten Ehre erhoben. Sie darf in Wahrheit sagen: «Von nun an werden mich selig preisen alle Geschlechter!» Du gehörst zu den Geschlechtern, von denen sie spricht. Nach dem Beispiel Elisabeths preise sie selig!



23.11.2018

6. Der Besuch Mariens bei Elisabeth
(Lk 1)

II Elisabeth beglückwünscht und preist Maria
Elisabeth wurde vom Heiligen Geist erfüllt. Sie rief mit lauter Stimme: «Du bist gebenedeit unter den Frauen, und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes. Woher wird mir die Gnade, daß die Mutter meines Herrn zu mir kommt?»
Höre, wie Elisabeth Maria beglückwünscht. Nimm dir an ihr ein Beispiel; denn sie lehrt dich, die Mutter deines Erlösers zu ehren.
Ganz unter dem Eindruck der erhabenen Größe Mariens ruft sie, vom Heiligen Geist erleuchtet, aus: «Du bist gebenedeit, du bist die Auserwählte des Herrn, die Ehre aller Mütter!» Der unvergleichliche Vorzug, den Elisabeth in Maria erkennt, erregt ihre fromme Bewunderung. Sie preist sie wegen des unbegreiflichen Wunders, das Gott in ihr gewirkt hat. Was Maria mehr erhalten hat an Gnade als sie, erweckt keinen Neid in ihrem Herzen. Die Erhöhung Mariens beglückt sie noch mehr, als wenn es ihre eigene wäre.
Hierauf demütigt sich Elisabeth. Sie weiß, in wessen Gegenwart sie sich befindet. Maria ist ein lebendiger Tabernakel, sie trägt Jenen, der die ganze Welt trägt. Aus ihren Augen strahlen alle göttlichen Vollkommenheiten. «Woher kommt mir diese Gnade?» ruft Elisabeth aus. Wie kommt es, daß der Himmel zur Erde sich herabneigt? Wie kommt es, daß Derjenige, der alles ist, sich zu dem Nichts erniedrigt?
Beantworte dir selbst diese Fragen! Es ist die Wirkung der Güte der Herzen Jesu und Mariens. Sie sind eins und beide lieben uns. Um uns ihre Liebe zu beweisen, kommen sie zu uns. Nimm sie freudig auf und setze ihrer Wirksamkeit in dir kein Hindernis entgegen. Empfange durch sie die Gnaden des Herrn.
«Selig bist du, weil du geglaubt hast», fügt Elisabeth bei. Du hast dem Wort, das dir gesagt worden ist, geglaubt. Nun wirst du seine wunderbare Erfüllung sehen. Ein Akt lebendigen Glaubens bewirkt Wunder göttlicher Allmacht. Möchtest du, daß Gott in dir und in deiner Umgebung Wunder wirke, Wunder der Bekehrung und des geistlichen Fortschritts, so bestrebe dich, eine Seele von starkem Glauben zu werden. Bitte Maria durch Vermittlung der heiligen Elisabeth um diese Gnade.



23.11.2018

6. Der Besuch Mariens bei Elisabeth
(Lk 1)

I Maria besucht Elisabeth und begrüßt sie
In jenen Tagen machte sich Maria auf und ging eilends in das Gebirge nach einer Stadt in Juda. Sie trat in das Haus des Zacharias und begrüßte Elisabeth. Sobald Elisabeth den Gruß Mariens vernahm, frohlockte das Kind in ihrem Schoße.
Es drängt Maria, auch andern die Gnade der Menschwerdung Gottes zu vermitteln. Deshalb unternimmt sie diesen von Frömmigkeit und Liebe beseelten Gang. Begleite sie auf ihrem Weg über das Gebirge Judäas! Wohne im Hause des Zacharias der Begrüßung dieser beiden heiligen Seelen bei. Sammle dich und betrachte beide mit ehrfurchtsvoller Liebe.
Beim Anblick Mariens wird Elisabeth von Freude erfüllt. Bringt Maria nicht immer und überall, wo sie erscheint, mit der Gnade auch die Freude? Beim Gruß Mariens wird das Kind Elisabeths im Mutterschoß geheiligt. So erweist sich Maria von Anfang an als die mächtige Mittlerin für jede Seele, die der Reinigung und Erlösung bedarf. Setze auf sie deine ganze Hoffnung. Bereite dich vor, die Gnaden des Erlösers durch ihre gebenedeiten Hände zu empfangen. Bitte sie auch, dich zu lehren, die Seelen zu Gott zu führen.



22.11.2018

5. Die Verkündigung der Geburt Jesu
(Lk 1)

III Die Einwilligung Mariens
«Wie wird das geschehen, da ich keinen Mann erkenne?» Der Engel antwortete und sprach zu ihr: «Der Heilige Geist wird über dich kommen und die Kraft des Allerhöchsten dich überschatten. Darum wird auch das Heilige, das aus dir geboren wird, Sohn Gottes genannt werden.»
Was sagt und tut Maria? In dem klaren Bewußtsein, daß unser Heil in ihre Hand gegeben ist, willigt sie freudig in den Ratschluß Gottes ein. Da uns durch sie der Erlöser geschenkt wird, schulden wir ihr Dank für alles, was uns der Heiland bringt. Daß wir wieder Kinder Gottes sind, die Gnade der Sündenvergebung, der Sakramente und der Beharrlichkeit im Guten, alles wird uns durch Maria geschenkt.
Hätte sie ihre Mitwirkung verweigert, wir hätten auf immer die Rechte auf das himmlische Erbe verloren. Ihre Einwilligung öffnet uns die Pforten des Himmels und damit sind uns zugleich alle Mittel, dahin zu gelangen, zuteil geworden. Sprich Maria in kindlicher Weise deinen Dank aus. Wird deine Gegengabe nicht in eifriger Arbeit zur Ehre ihres Sohnes bestehen?
Betrachte, mit welchen Worten Maria ihre Einwilligung gibt. «Siehe, ich hin die Magd des Herrn; mir geschehe nach deinem Wort.» Maria kennt ihre Stellung Gott gegenüber und sie will darin verharren. Der Mensch bleibt Gottes Diener, so hoch er auch erhoben werden mag. Von diesem Bewußtsein ist Maria auch im Augenblick ihrer Erhöhung durchdrungen. Sie mahnt dich, dies nie zu vergessen. Entsprich ihrer Mahnung! Dadurch schon zeigst du dich als ihr Kind.
Bedenke auch, wie die allerseligste Jungfrau hier die vollkommene Ergebung in den Willen Gottes übt. Sie übergibt sich Ihm in bedingungsloser Hingabe wie ein Werkzeug, das dem Herrn auch nicht den geringsten Widerstand leistet. Gott hat dies von ihr verlangt, um das Geheimnis der Menschwerdung wirken zu können. Diese Ergebenheit erwartet Er auch von dir, um das zu vollbringen, was Er mit dir vorhat. Gott könnte Großes durch dich wirken, wenn du dich Ihm wahrhaft hingeben würdest.



21.11.2018

5. Die Verkündigung der Geburt Jesu
(Lk 1)

II Der Engel grüßt Maria und überbringt ihr die Botschaft des Himmels
Der Engel trat bei ihr ein und sprach: «Sei gegrüßt, du Gnadenvolle! Der Herr ist mit dir. Du bist gebenedeit unter den Frauen.» Bei diesen Worten erschrak sie und dachte nach, was dieser Gruß bedeuten solle. Der Engel sprach zu ihr: «Fürchte dich nicht, Maria; denn du hast Gnade gefunden bei Gott. Du wirst empfangen und einen Sohn gebären. Dem sollst du den Namen Jesus geben.»
Begrüße den Engel Gabriel auf der Schwelle der ärmlichen Wohnung Mariens. Höre seinen frommen Gruß und lerne, ihn mit denselben Gefühlen der Freude, Ehrfurcht und staunenden Bewunderung auszusprechen. Ist es nicht angebracht, daß du jene hoch verehrst, die der Himmel zur höchsten Würde auserwählt hat? Im Ave Maria kommt diese Verherrlichung am vollkommensten zum Ausdruck.
Enthält dieser Gruß nicht auch für uns die Zusicherung aller Güter? Maria besitzt die ganze Fülle der Gnaden, damit sie uns reichlich davon mitteile. Der Herr ist mit ihr, damit Er durch sie uns gegeben werde. Sie ist von Gott über alle Geschöpfe erhoben, damit sie uns helfe, uns zu Ihm zu erheben. Schätze den im Ave Maria verborgenen Reichtum.
Beim Gruß des Engels erschrak Maria. Es gibt so reine Seelen auf Erden, daß sie die leiseste Furcht vor dem Bösen erzittern läßt. So empfindlich ist die Zartheit jungfräulicher Herzen. Willst du zu ihrer Zahl gehören? Durch Maria kannst du diese Gnade erlangen.
Nachdem der Engel Maria beruhigt hat, prophezeit er ihr die Größe des Erlösers, der aus ihr geboren werden soll. "Dieser wird groß sein und der Sohn des Allerhöchsten genannt werden.» Er wird der König der Könige sein. Der Sohn Gottes kommt zu uns, um in uns zu herrschen. Die wahre Ehre des Menschen wird darin bestehen, Ihn als höchsten Herrn anzuerkennen. Belebe und befestige deinen Glauben an Jesus und unterwirf dich Ihm als deinem König. Weihe dich seinem Dienste durch Maria.



20.11.2018

5. Die Verkündigung der Geburt Jesu
(Lk 1)

I Der Engel Gabriel wird von Gott zu Maria gesandt
Im sechsten Monat ward der Engel Gabriel von Gott gesandt in eine Stadt in Galiläa mit Namen Nazareth1 zu einer Jungfrau. Sie war verlobt mit einem Manne namens Joseph aus dem Hause Davids. Der Name der Jungfrau war Maria.
Betrachte die Jungfrau Maria im Gebet. Mit großer Sehnsucht erfleht sie die Ankunft des Erlösers. Vereinige deine Gebete mit den ihrigen und dein Verlangen mit dem Flehen ihres Herzens. Die Fülle der Zeiten ist gekommen. Der Ratschluß der Versöhnung des Menschen mit Gott ist besiegelt. Nach dem Plane Gottes begegnen sich seine Weisheit und seine Güte; seine Barmherzigkeit und seine Gerechtigkeit küssen sich (vgl. Psalm 84,11).
Betrachte, wie der eingeborene Sohn Gottes von seinem Vater die Sendung erhält, die gefallene Menschheit zu retten und wie Er den Glanz seiner Herrlichkeit ablegt, um zu werden wie einer von uns. Die Erde gehört Ihm als Eigentum; was will Er von ihr annehmen? In welcher Gestalt will Er erscheinen? O Mensch, der du dich allzeit nur erhöhen möchtest, lerne hier dich zu erniedrigen, wie Er es getan hat.
Der Sohn Gottes erwählt als Heimat ein verachtetes Städtchen in einem unbekannten Land. Und wer soll seine Mutter werden, wer ist die von Gott Erwählte? Es ist Maria, eine vor der Welt ganz verborgene Jungfrau. Aber sie ist die frömmste und demütigste von allen. Ihr Herz ist das reinste, das je auf Erden geschlagen hat. Frömmigkeit, Demut und Reinheit machen in den Augen Gottes das wahre Verdienst aus. Suche dir klarzumachen, worin das wahre Leben besteht. Fern sei von dir aller Stolz und alles ehrgeizige Streben.
1 Nach der Überlieferung ist das Haus, das Maria bewohnte, wunderbar nach Loreto gebracht worden. Sein unterer in den Felsen gehauener Teil ist noch in Nazareth zu sehen. Er befindet sich in der Krypta der Verkündigungskirche. Auf 17 Stufen von weißem Marmor steigt man hinab und kommt in die sogenannte Engelskapeile.



19.11.2018

4. Die Empfängnis des Vorläufers
(Lk 1)

II Zacharias kehrt nach Hause zurück
Das Volk wartete auf Zacharias und wunderte sich, daß er so lange im Tempel verweilte. Als er herauskam, konnte er kein Wort zu ihnen reden. Da erkannten sie, daß er im Tempel eine Erscheinung gehabt haben müsse. Er winkte ihnen zu und blieb stumm.1Sobald die Tage seines Dienstes vorüber waren, kehrte er nach Hause zurück. Nach jenen Tagen empfing seine Frau Elisabeth.
Betrachte, was zwischen Zacharias und dem Volk vorgeht. Wenn der greise Priester sich nicht verständlich machen kann, so liegt dies nicht nur an der Lähmung seiner Zunge, sondern ohne Zweifel auch daran, daß er die Wundertaten der göttlichen Barmherzigkeit nicht auszudrücken vermag. Was Gott seinen Vertrauten von diesen Wundern offenbart, will er als Geheimnis bewahrt wissen.
Was tut Zacharias? Begleite ihn im Geiste nach Hause. Die zeitliche Strafe, die über ihn verhängt wurde, verleitet ihn weder zum Murren, noch zur Entmutigung. Sie trägt vielmehr dazu bei, seinen Glauben zu stärken und zu vervollkommnen. Sie hat alle seine Zweifel gelöst und die Hoffnung in seinem Herzen befestigt. Er eilt nun in die Einsamkeit, um die Worte, die ihm gesagt worden sind, zu betrachten. Mit Ergebenheit erwartet er die Erfüllung der göttlichen Verheißung. Beglückwünsche ihn und teile seine Freude.
Was tut nun Elisabeth? Kaum hat sie die Absichten, die Gott mit ihr hat, erfaßt, so steht ihr Entschluß fest, sich bei deren Ausführung in keiner Weise zu schonen. Sie demütigt sich vor der göttlichen Majestät, die sich gewürdigt hat, auf ein so armseliges Geschöpf in Gnaden herabzuschauen. Sie betet die Ratschlüsse der göttlichen Weisheit an, die bald schlägt, bald tröstet. Sie erwägt die Wohltaten Gottes und vertraut sich der göttlichen Vorsehung an. Die Zukunft wird sich so gestalten, wie Gott will. Elisabeth sieht sich nur als Werkzeug in der Hand Gottes. Dieses Bewußtsein erfüllt sie mit Vertrauen, bemächtigt sich ihrer Gedanken und ist Gegenstand ihrer Betrachtungen in den Tagen der Erwartung.
Preise Gott mit diesen zwei heiligen Seelen. Lerne von ihnen, dich den Händen der göttlichen Vorsehung zu überlassen, damit ihre Pläne auch an dir verwirklicht werden.
1 Beim Verlassen des Heiligrums sprach der Priester eine Segensformel. Zacharias konnte diese Formel nicht aussprechen.



18.11.2018

4. Die Empfängnis des Vorläufers
(Lk 1)

I Zacharias wird wegen seines unvollkommenen Glaubens getadelt
Zacharias entgegnete dem Engel: «Woran soll ich das erkennen? Ich bin ja alt, und auch meine Frau ist hochbetagt.» Der Engel erwiderte ihm: «Ich bin Gabriel, der vor Gott steht, und bin gesandt, mit dir zu reden und dir diese frohe Botschaft zu bringen.»
Bei der Botschaft des Engels freut sich Zacharias; er glaubt seinem Wort, aber sein Glaube ist nur unvollkommen. Der vollkommene Glaube vertraut Gott bedingungslos, durch welches Mittel er sich auch offenbart. Gott hat zu Zacharias gesprochen; dieser bleibt jedoch mit seinen Gedanken bei Schwierigkeiten stehen, die er für unüberwindlich hält. Für einen Augenblick scheint er die Allmacht und Wahrhaftigkeit Gottes zu vergessen. Er weiß nicht, worauf er sich stützen soll, um von Herzen zu sprechen: «Ich glaube!» Er fragte zweifelnd: «Woran soll ich das erkennen?».
Erwäge, mit welcher Entschiedenheit Gott verlangt, daß man seine Worte gläubig annimmt. «Weil du aber meinen Worten nicht geglaubt hast, die zu ihrer Zeit in Erfüllung gehen werden, sollst du stumm sein und nicht sprechen können bis zu dem Tage, da dies eintrifft.» Zacharias wird der Sprache beraubt, weil er dem Engel nicht aufs Wort geglaubt hat. So unnachsichtig ist Gott in der Bestrafung eines Zweifels an der Wahrhaftigkeit seiner Verheißungen. Ist dein Glaube nicht manchmal noch unvollkommener, als der des Zacharias? Hast du den Vorwurf des Engels nicht schon öfter verdient? Erforsche dein Gewissen und demütige dich!


17.11.2018

3. Die Ankündigung der Geburt des Johannes
(Lk 1)

II Der Engel kündigt die hohe Berufung des verheißenen Kindes an
«Fürchte dich nicht, Zacharias! Dein Gebet ist erhört: Elisabeth, deine Frau, wird dir einen Sohn gebären, dem sollst du den Namen Johannes geben. Du wirst Freude und Wonne haben, und viele werden sich über seine Geburt freuen. Denn er wird groß sein vor dem Herrn.»
Begrüße mit Freuden den ersten Engel, der im Evangelium erwähnt wird. Er redet vom Geheimnis der Menschwerdung; er arbeitet mit an unserem Heil. Die Engel des Himmels werden von nun an unsere Beschützer sein.
Betrachte, daß der Engel gerade in dem Augenblick von Gott zu Zacharias gesandt wird, als dieser mit seiner Pflichterfüllung beschäftigt ist. Die treue Besorgung der Standespflichten, welcher Art sie auch sein mögen, zieht in besonderer Weise die göttliche Gnade herab und verdient den Beistand der heiligen Engel. Während der greise Priester arbeitet, erntet er die Frucht dessen, was er im Gebet gesät hat. Nimm teil an seiner Überraschung und seiner Freude! Dem Wort des Engels gemäß wird er die tröstliche Erfahrung machen, daß Gott getreu ist und ihm mehr gewährt, als er im Gebet erfleht hat.
Urteile selbst. Zacharias ersehnte einen Nachkommen; er erhält einen Sohn, der ein Mann Gottes, ein Apostel, ein Heiliger sein wird. Er verlangte nach diesem Sohn zu seinem persönlichen Trost; er wird ihm nun gegeben zum Trost vieler. Dieser Sohn wird die Ehre Gottes fördern und seinem Volk nützlich sein. Zacharias strömt über vor Freude. Er zählt nicht zu jenen Menschen, die für ihre Lieben — mit Hintansetzung des göttlichen Willens — nur vergänglichen Ruhm erträumen. Er hat erfaßt, daß das, was Gott gibt, Gottes Eigentum bleibt und daß er über uns und die Unsrigen verfügen kann, wie es ihm gefällt.
So urteilt und handelt die wahre Frömmigkeit; so urteile und handle auch du hinsichtlich aller, die Gottes Vorsehung dir anvertraut hat. Suche zu erkennen, was du für sie mit aller Kraft erstreben und tun sollst. Hat dich die ewige Weisheit zur Mitwirkung am Werk ihrer Erlösung erwählt, so zaudere nicht! Folge der göttlichen Leitung und opfere ihr alles, was sie verlangt!





16.11.2018

3. Die Ankündigung der Geburt des Johannes
(Lk 1)


I Ein Engel sagt Zacharias die wunderbare Empfängnis des Vorläufers voraus
In den Tagen Herodes, des Königs von Judäa, lebte ein Priester mit Namen Zacharias, aus der Priesterklasse des Abias. Seine Frau stammte aus Aarons Geschlecht und hieß Elisabeth. Beide waren gerecht vor Gott und wandelten untadelig in allen Geboten und Satzungen des Herrn.
Wende einen Augenblick deine Aufmerksamkeit den greisen Eheleuten zu, die Gott als seine ersten Mitarbeiter am großen Werk der Erlösung erwählt hat.
Wer sind sie? «Gerechte» nennt sie der Evangelist. Sie sind gerecht nicht bloß äußerlich und im rein gesetzlichen Sinn, sondern innerlich und wahrhaft. Man ist nur insofern wirklich gerecht, als man es in den Augen Gottes ist. Zacharias und Elisabeth waren gerecht, weil sie in vollkommener Abhängigkeit vom göttlichen Willen lebten. Das Gesetz Gottes war immer und überall die Richtschnur ihres Verhaltens. Ferner waren sie gerecht durch ihren Eifer im Dienst Gottes und durch die Makellosigkeit ihres Wandels. Solcher Seelen bedient sich Gott vorzugsweise zur Ausführung seiner Heilspläne.
Diese beiden Gerechten bewährten sich auch in der Prüfung. Sie waren jedoch kinderlos, denn Elisabeth war unfruchtbar und beide waren schon hochbetagt. Diese Bemerkung läßt der Evangelist einfließen, um dich anzueifern, den Wert der Leiden zu schätzen. Hat Gott nicht gerade darum die Erhörung ihres Gebetes so lange aufgeschoben, um sie desto reichlicher zu gewähren? Gott pflegt mit seiner Hilfe einzugreifen, wenn der Mensch am ehesten versucht ist zu verzweifeln. Die Prüfung, die den Herzen Zacharias' und Elisabeths so schmerzlich ist, wird für sie zu einem unvergleichlichen Glück und einer unvergänglichen Ehre.
Als einst seine Priesterklasse an der Reihe war und er vor Gott den heiligen Dienst tat, traf ihn nach der Sitte der Priesterschaft das Los, in den Tempel des Herrn zu gehen und das Rauchopfer darzubringen.1 Alles Volk aber stand zur Stunde des Rauchopfers draußen und betete.2 Da erschien ihm zur Rechten des Rauchaltars ein Engel des Herrn.
Festige dein Vertrauen auf die Güte Gottes und folge Zacharias in den Tempel. Vereinige dich mit der anbetenden Menge, die draußen steht. Alle flehen inständig um die Sendung des verheißenen Erlösers. Bete mit ihnen, seufze und flehe. Zeige dem himmlischen Vater die unzählbare Menge von Seelen, die verloren gehen. Biete dich an zur Mitwirkung an ihrer Rettung und Heiligung.
1 Das Räuchern war eine gottesdienstliche Verrichtung, welche für die Priester durch das Los bestimmt wurde. Zweimal täglich mußte dem Herrn im Tempel ein Rauchopfer dargebracht werden.
2 Im Vorhof des Tempels, außerhalb des Heiligtums.





15.11.2018

2. Der göttliche Ursprung Jesu
(Joh 1)


III Die Wohltaten, die das menschgewordene Wort der Welt spendet
Allen aber, die Ihn aufnahmen, gab Er Macht, Kinder Gottes zu werden. Denen, die da glauben an seinen Namen, die nicht aus dem Geblüt, nicht aus dem Wollen des Fleisches und nicht aus dem Wollen des Mannes, sondern aus Gott geboren sind. Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt. Und wir haben geschaut seine Herrlichkeit, die Herrlichkeit des Eingeborenen vom Vater, voll der Gnade und Wahrheit.
Erfasse die Reichtümer der Gnade, welche die Menschwerdung des Wortes uns bringt. Durch seinen eingeborenen Sohn bietet uns der himmlische Vater die Annahme an Kindesstatt an. Der menschgewordene Sohn Gottes will uns das Recht auf die Erbschaft des Himmels wieder erkaufen. Er gibt dir die Versicherung, daß du in Wahrheit Kind Gottes und Erbe des Himmels bist. Es ziemt sich deshalb, daß du aus der Mittelmäßigkeit deines geistlichen Lebens heraustrittst. Fang an, dir deiner wahren Größe bewußt zu werden! Erwecke in dir das lebhafte Verlangen, aus dem irdischen Leben des Sohnes Gottes allen Nutzen zu ziehen und die himmlischen Schätze, die Er unter so unscheinbarer Hülle verbirgt, gebührend zu würdigen.
Dem Licht des Glaubens mußt du folgen, wenn du deinen Schöpfer und Herrn im Gewand der menschlichen Natur erkennen willst. Nicht irdische Wissenschaft lüftet den Schleier, der das Geheimnis der Menschwerdung deckt, dies vermögen nur demütiger Glaube, reine Absicht, stille Sammlung und eifriges Gebet.
«Wir haben Ihn gesehen», schreibt zum Schluß der Evangelist in heiligem Entzücken. Er hat recht, denn Ihn sehen und wissen, wer Er ist und was Er uns bringt, das ist der Anfang der höchsten Freude und die Bürgschaft aller Güter.




14.11.2018

2. Der göttliche Ursprung Jesu
(Joh 1)


II Der Evangelist erinnert an die Aufnahme, welche die Menschen dem Ewigen Wort bereitet haben
Ein Mann trat auf, von Gott gesandt. Sein Name war Johannes. Der kam, Zeugnis zu geben, Zeugnis für das Licht. Alle sollten durch ihn zum Glauben kommen. Er war nicht das Licht. Nur Zeugnis geben sollte er für das Licht. Das wahre Licht, das da erleuchtet jeden Menschen, kam in die Welt. Er war in der Welt. Die Welt ist durch Ihn geworden; und doch hat die Welt Ihn nicht erkannt. Er kam in sein Eigentum, aber die Seinigen nahmen Ihn nicht auf.
Das Wort Gottes, also der Logos, wird Mensch, um sich der Welt zu offenbaren. Er ist das Licht, und sein Licht ist seine Lehre. Ihn zu sehen wird herrlich sein. Er wird Mensch, damit die Menschen auf Ihn hören! Ihn aufnehmen heißt an Ihn glauben.
Begrüße im Evangelisten Johannes den ersten Zeugen Jesu. Er ist in vorzüglicher Weise ein Mann des Glaubens. Aus seinem Beispiel lernen wir, dem menschgewordenen Wort Ehre zu erweisen. Aber ach! Der Evangelist fügt hinzu: «Die Welt hat Ihn nicht erkannt, die Seinigen nahmen Ihn nicht auf!» Das Beispiel des heiligen Johannes ist nicht von allen nachgeahmt worden. Es hat leider Menschen gegeben, die in ihrer Blindheit der unendlichen Herablassung Gottes gegenüber gleichgültig blieben. Er, der aus der Herrlichkeit des Himmels herabsteigt, wird von denen verstoßen, die Ihm alles verdanken. Der Evangelist weist daraufhin, um dich auf deine Pflicht aufmerksam zu machen. So nimm denn deinen Heiland auf und unterwirf Ihm deinen Verstand. Da Er zu dir sprechen will, so gebiete Schweigen der geheimen Stimme der Eigenliebe und aller menschlichen Voreingenommenheit. Vergiß nie, daß der Heiland bei dir in sein Eigentum kommt und daß dein Platz zu seinen Füßen ist. Empfange Ihn mit der demütigen und gläubigen Gesinnung eines Jüngers.





13.11.2018

2. Der göttliche Ursprung Jesu
(Joh 1)


I Der Evangelist beschreibt die ewige Zeugung des Wortes
Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. Dieses war im Anfang bei Gott. Durch dieses ist alles geworden, und ohne Es ward nichts von allem, was geworden ist. In Ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen. Das Licht leuchtet in der Finsternis; allein die Finsternis hat es nicht ergriffen.
Bemühe dich, deine Seele von allem Vergänglichen loszureißen, damit sie sich zum Geheimnis der Gottheit zu erheben vermag. Der Evangelist lädt dich ein, dich zu dieser Höhe aufzuschwingen. Bete in tiefster Demut die sich offenbarende göttliche Majestät an. Bekenne mit lebendigem Glauben die Gottheit des Wortes, der zweiten Person der Allerheiligsten Dreifaltigkeit. Das Wort ist Gott, und weil es Gott ist, geschieht in unserm Leben nichts ohne seine Mitwirkung. Es ist nichts in dir, was nicht Ihm gehört, weil du nichts hast, was nicht von Ihm kommt. Und sieh, Er selbst will in demselben Maß unser sein, wie wir Ihm angehören. Er entschließt sich, in unsere Mitte herniederzusteigen. Gott sendet uns nicht einen Fürsten des Himmels, Ihn selbst sollen wir sehen. Von Ewigkeit her dachte Er an uns. Er liebte uns und war um unser Heil bemüht. Es genügte Ihm nicht, unser erster Freund zu sein. Nein, Er wollte unter allen auch unser Vertrautester sein. Er will unser Bruder werden. Er will Mensch werden, um unser Leben mitzuleben, uns ganz nahe zu sein.
Betrachte die Würde, zu der du durch die Menschwerdung des Sohnes Gottes erhoben bist. Bereite dem menschgewordenen Wort in deinem Herzen den Platz, der Ihm gebührt. Öffne Ihm die Tore deiner Seele. Huldige Ihm und danke Ihm für alles, was du bist und hast.




12.11.2018

Das Leben Jesu
Betrachtungen zu den Evangelien

Titel der französischen Originalausgabe: Les Evangeliques
Nihil obstatt: G. Carceau
Imprimatur
Insulis, die 18 Augusti 1925
G. Delbroucq vic. gen.
P. Prosper Baudot S. J.
Freie Übertragung aus dem Französischen
Neu bearbeitet von P. Heinrich Mörgeli


I. TEIL
Das verborgene Leben Jesu

1. Einführung
(Lukas 1. Kapitel)

Der Evangelist hebt den Nutzen der Kenntnis und der Betrachtung des Evangeliums hervor
«Schon viele haben es unternommen, einen Bericht über die Begebenheiten zu schreiben, die sich unter uns zugetragen haben, so wie sie uns von den ursprünglichen Augenzeugen und Dienern des Wortes überliefert wurden. So habe ich mich entschlossen, allen Ereignissen von ihren ersten Anfängen an sorgsam nachzugehen und sie für dich, edler Theophilus, der Reihe nach niederzuschreiben, damit du dich überzeugen kannst von der Zuverlässigkeit der Lehren, in denen du unterrichtet worden bist.»
Flehe zum Heiligen Geist um Erleuchtung und Segen zu deiner Betrachtung. Richte deine Aufmerksamkeit auf diese einleitenden Worte.
Der Evangelist fordert seinen Schüler auf, die Ereignisse zu erwägen, deren Erzählung er beginnt. Es wäre schmählich und nicht ohne Gefahr, die Tatsachen des Evangeliums nicht oder nur oberflächlich zu kennen. Sie wollen ernstlich erwogen und ergründet werden, bis man von ihrer Wahrheit tief durchdrungen ist und die Lehren, die sie enthalten, als Lebensregel annimmt. Mit einem Wort: man muß sie betrachten.
Im Evangelium wird dir gesagt: Gott ist dein Vater, du hast einen Erlöser, es gibt einen Himmel, den wir verdienen, und eine Hölle, der wir entgehen müssen. Weiter heißt es: Selig die Armen, liebt einander, seid keusch, seid gütig, verzeiht euren Feinden, flieht die Sünde mehr noch als den Tod. Diese Wahrheiten hast du längst gehört, aber bist du auch von ihnen durchdrungen? Wie willst du sie befolgen, wenn du sie nicht begriffen hast?
Mußt nicht auch du wissen, wie sehr Gott dich liebt? In den Blättern des Evangeliums hat Gott dir die Größe seiner Liebe geoffenbart, für dich sind sie geschrieben. Es kommt alles darauf an, daß du den Wert dieser Gnade, die Gott dir spendet, recht hochschätzt. Das Evangelium soll dein Licht, deine Freude, deine Sicherheit auf Erden sein. Du sollst Jesus, deinem Meister, ähnlich werden. Wie wirst du diese Aufgabe erfüllen können, wenn du dich nicht entschließt, seine Lehren und sein Beispiel in der Stille der Betrachtung zu erwägen? Opfere deinem göttlichen Meister gleich zu Beginn deinen Geist, dein Herz, deine Sinne und alle Kräfte deiner Seele auf, damit Er selbst sie auf dieses so notwendige Studium hinlenke. Jesus ist der beste Lehrmeister des Gebetes. Flehe Ihn an, Er möge dir den Sinn der göttlichen Dinge erschließen und dir die Betrachtung so anziehend machen, daß du von jetzt an nie mehr unterläßt, sie täglich treu und eifrig zu üben.
Freue dich! Was immer es Schönes im Himmel und auf Erden gibt, kann sich in deiner Seele widerspiegeln. Das Größte, was die Schöpfung hervorgebracht hat, wird sich dir zuneigen. Das Beste, was der Erde je zu eigen war, wird sich deinem Leben mitteilen. Verbanne jede Furcht, verscheuche alle Besorgnis, frohlocke in heiliger Freude!
Wie steht es mit dir? Hast du bis jetzt diese ernsten Dinge vielleicht mit Leichtsinn behandelt? Hast du von den im Evangelium erzählten Tatsachen eine nur verworrene, oberflächliche Kenntnis? Hast du der Betrachtung des Evangeliums die Lesung weltlicher, selbst gefährlicher Bücher vorgezogen? Der Augenblick ist gekommen, dich von solchen eitlen Dingen freizumachen, weil du dadurch leicht in die Irre gehen kannst oder mindestens deinen geistlichen Fortschritt beeinträchtigst. Richte deine ganze Aufmerksamkeit auf den Heiland, der allein würdig ist, dein Herz und deine Gedanken zu erfüllen.
Fasse gleich zu Anfang dieser Betrachtungen den Entschluß, der göttlichen Güte, deren Wirken sich dir offenbaren wird, durch Großmut zu entsprechen.