Predigt aus dem Jahre 1988/ 89





22.11.2020

32. Sonntag im Jahreskreis (C): (Lk. 20, 27-38)

„Er ist kein Gott von Toten, sondern von Lebenden.“

Es gibt Dinge, die wir aus unseren Gesprächsthemen gern ausklammern und dazu gehört in unseren Tagen ganz besonders der Tod.
So sehr wir uns auch bemühen, ihn tot zu schweigen, wissen wir doch, dass ein jeder Schritt in das Leben ein Schritt hin zum Tode ist.
So stellt sich uns die Frage: was kommt danach?
Führt uns der Tod in das Dunkel, in die Leere, in das Nichts oder aber in ein neues Leben, in die Fülle, in das Licht Gottes?
Die Frage der Sadduzäer, die eine Auferstehung von den Toten leugneten, sollte besonders die Pharisäer treffen, die von dem Leben nach dem Tode überzeugt waren und den Meister in ein Dilemma bringen, in der geheuchelten Sorge um die Frau mit den sieben Männern. Doch der Meister gibt eine klare Antwort.
Da heißt es:
"Nur in dieser Welt heiraten die Menschen. Die aber, die Gott für würdig hält an jener Welt und an der Auferstehung von den Toten teilzuhaben, werden dann nicht mehr heiraten. Sie können auch nicht mehr sterben, weil sie den Engeln gleich und durch die Auferstehung zu Söhnen Gottes geworden sind."
Paulus jubelt in seinem Brief an die Epheser: "Gott, der voll Erbarmen ist, hat uns mit Christus auferweckt und uns mit ihm in den Himmel versetzt."
Den Römern schreibt er die freudige Botschaft: "Wie Christus durch die Herrlichkeit des Vaters von den Toten auferweckt wurde, so sollen auch wir als neue Menschen leben."
Und seinem Freund Timotheus schreibt Paulus, dessen Weg mit Christus wohl ein Leidensweg war, der aber nicht in das Leere sich verlief, sondern im Licht seines Meisters dahinging: "Jetzt aber wurde die Gnade durch das Erscheinen unseres Retters Christus Jesus offenbart. Er hat dem Tod die Macht genommen und uns das Licht des unvergänglichen Lebens gebracht durch das Evangelium, als dessen Verkünder, Apostel und Lehrer ich eingesetzt bin."
So hörten wir auch Lukas im Evangelium sagen: "Gott ist doch kein Gott der Toten, sondern von Lebenden, denn für ihn sind alle lebendig."
Mit welch einer Zuversicht können wir doch durch dieses Erdenleben wandern. Gewiss bleibt niemand von uns, wie einem jeden Erdenmenschen, die Last des Kreuzes erspart, aber wir wissen, dieses Kreuz wird uns Gott einmal abnehmen am Tor des Todes, wenn wir es getragen haben nach dem Beispiel seines einziggeliebten Sohnes.
Und wir wissen, dass wir teilhaben werden an der Herrlichkeit dessen, der für uns das Tor des ewigen Lebens geöffnet hat.
Und wir wissen auch, dass dieses ewige Leben nicht nur Zukunftsmusik ist. Nein, seit der Taufe tragen wir ja bereits dieses Leben in uns, gleichsam als Samenkorn, aus dem Frucht erblüht.
Das ist doch das beglückende Bewusstsein eines Christenlebens: Herausgehoben sein aus der Armseligkeit des Erdenlebens und hineingestellt sein in die Herrlichkeit des himmlischen Lebens.
Wer sich dieses Wissen rauben lässt und es nicht begreifen will, der weiß eigentlich gar nicht, was Christsein heißt.
Und da schreibt Lukas weiterhin, den Satz:
"Sie können auch nicht sterben, weil sie den Engeln gleich und durch die Auferstehung zu Söhnen Gottes geworden sind. "
Darin liegt wohl das Unverständnis des ewigen Lebens, dass wir glauben, es wäre eine Verlängerung dieser Zeitlichkeit. Doch es ist ein völlig anderes Leben, ein Leben, das den Engeln gleicht. Doch wer kennt das?
Was wirkliches Leben ist, können wie vorerst kaum ahnen. Nicht die Wissenschaft der Biologie wird das letzte Wort haben, sondern die Macht Gottes.
Wehe, uns ginge der Glaube an das ewige Leben verloren und wir würden unser Leben so verenden sehen wie das des Tieres. O nein, der Mensch lebt aus der zuversichtlichen Hoffnung: ich lebe und ich werde immer leben!
Darum hängt auch unser ganzes Dasein an diesem Dürsten nach dem lebendigen Gott.
Es war an der Ostfront des letzten Krieges bei Tscherkassy. Gegen den erwarteten Durchbruch der russischen Panzer gab es bei einem Abschuss von drei Panzern vierzehn Tage Sonderurlaub.
Und der Unteroffizier Berthold verdiente ihn sich. Doch er sagte: "Herr Hauptmann, meine Eltern sind tot, meine Braut fand bei einem Luftangriff den Tod. Auf mich wartet niemand. Aber Lechner hat eine Frau und sechs Kinder. Lassen sie ihn fahren, ich bleibe da. Mir liegt nicht viel am Leben und außerdem - und ein Lächeln liegt auf seinen Lippen - gibt es eine Auferstehung und schöneres Leben, Hauptmann."
Zwei Tage später rannte er in eine Maschinengewehrgarbe, die ihm die Brust zerfetzte. Sein Gesicht war friedlich und um seine Lippen spielte ein Lächeln, als wollte er noch im Tode sagen:
"Es gibt die Auferstehung und das ewige Leben."